Filmkritiken

"Late Night": Neben dieser Frau haben Gagschreiber nichts zu lachen

Einer Frau wird Frauenfeindlichkeit vorgeworfen? Ist das denn überhaupt politisch korrekt?  Zumindest erscheint  diese Anschuldigung im Fall von Talkmasterin Katherine Newbury (Emma Thompson) ziemlich einseitig. Es mag zwar stimmen, dass sie keine Geschlechtsgenossinnen in ihrem Team duldet und in ihrer Show höchstens hie und da eine alte Dame einlädt, aber irgendwelche jungen Frauen außen vor lässt –  doch eigentlich steht sie mit allen Personen in ihrer Umgebung auf Kriegsfuß und vor alle die Gagschreiber haben nichts zu lachen neben ihr. Natürlich merkt sie sich deren Namen nicht und verpasst ihnen einfach Nummern, und dass einer ihrer Lieblingsautoren bereits vor Jahren gestorben ist, war ihr bisher einfach entgangen. Außerdem duldet die egozentrische Person keinerlei Kritik und feuert Angestellte aus nichtigsten Gründen. Immerhin kann sie sich eine Eiswürfelmaschine ersparen, denn sobald man ein Glas Wasser in ihre Nähe stellt, müsste der Inhalt nach kürzester Zeit gefroren sein.

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Das eiskalte Gewissen der Nation

Ja, die mehrfache Emmy-Preisträgerin und auch ansonsten mit Auszeichnungen überhäufte Katherine ist wirklich keine angenehme Zeitgenossin. Zwei Fixpunkte hat die Britin in ihrem Leben: die langjährige Talkshow „Tonight with Katherine Newbury“, mit der sie in Amerika Karriere gemacht hat und ihren langjährigen Ehemann (John Lithgow in einer eher undankbaren Nebenrolle als emeritierter Professor, der an Parkinson erkrankt ist). Sie stilisiert sich gerne zum moralischen Gewissen der Nation hoch, denkt nicht daran, sich ans Publikum anzubiedern, will keine leichte Unterhaltung bieten, hat mit modernen Medien nichts zu schaffen und muss schließlich erkennen, dass ihre Show schon seit Jahren nicht mehr gut läuft, obwohl das ihr übergroßes Ego einfach nicht wahrhaben wollte. Als sie dann auch noch eine Youtuberin, die sie auf Drängen ihres Beraters eingeladen hat, herablassend behandelt, bricht ein wahrer Shitstorm über sie herein und alles spricht dafür, dass Katherine bald Geschichte sein wird. Die Programmchefin ihres Senders hat jedenfalls bereits einen möglichen Nachfolger im Auge.

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Eine Newcomerin im Gag-Geschäft

Aber dann taucht Molly auf (Mindy Kaling, von der auch das Drehbuch stammt): die bisherige Angestellte eines Chemiewerks ist zwar ein Riesenfan von Katherine, hat aber überhaupt keine Ahnung, was hinter den Kulissen einer Nightshow eigentlich vor sich geht. Trotzdem wird sie ins Autorenteam aufgenommen, weil sie 1.) weiblich ist und 2.) indische Wurzeln hat und somit alle Anforderungen erfüllt, um Katherines angeknackstes Image zu stärken. Selbstverständlich kommt es so, wie man sich das gleich von vornherein erwartet: Molly erwirbt sich durch ihr ungekünsteltes Auftreten nach etlichen Anfangsschwierigkeiten das Vertrauen ihrer komplizierten Chefin und liefert wichtige Anregungen, um den Fortbestand der Show zu retten.

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Emma Thompson-Show

In diesem Film geben tatsächlich Frauen den Ton an und auch die Regie lag bei Nisha Gantara in weiblichen Händen. Natürlich ist die ganze Filmshow eindeutig auf Emma Thompson zugeschnitten und durch ihr Auftreten wird diese ansonsten recht harmlose Komödie zu einem Erlebnis: sie schafft es, dass man die eiskalte Unsympathlerin mit der Zeit doch lieb gewinnt und gibt uns Gelegenheit, hinter die abweisende Fassade ihrer Figur zu blicken, indem sie immer wieder echte Gefühle aufblitzen lässt. Man könnte fast bedauern, dass Thompson im richtigen Leben noch nie das Angebot erhalten hat, eine Talkshow zu übernehmen. Aber auch die Einblicke in den Alltag von Gagschreibern sind recht vergnüglich: wie diese Typen ihre Wehwehchen hätscheln, Sarkasmus pflegen und über die abwesende Chefin lästert, doch in ihrem Beisein zu schleimigen Arschkriechern werden, obwohl sie für die Frau bloße Nummern sind, hat schon ziemlichen Unterhaltungswert.

3 ½ von 5 geglückten Gags