Filmkritiken

"Il Traditore" - Kronzeuge gegen die Cosa Nostra

Italiens einflussreichste Mafiaorganisation fühlt sich bedroht. In den 1980ern durchlebt die Cosa Nostra turbulente Zeiten, die den Clan für immer verändern werden. Um der ständigen Bedrohung zu entkommen, flieht das hochrangige Mitglied Tommaso Buscetta (Pierfrancesco Favino) nach Brasilien. Während er sich im Exil in Sicherheit wiegen kann, ermordet die Mafia in Italien seine Freunde und Familienangehörige. Als er in seiner brasilianischen Villa von der Polizei festgenommen und nach Italien ausgeliefert wird, trifft er eine folgenschwere Entscheidung.

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Verräter und Held

Buscetta bricht das Schweigegelübde und tritt als Kronzeuge in den berühmten Maxi Prozessen auf. Seine Aussagen führen zu zahlreichen Festnahmen hochrangiger Mafiabosse und offenbaren die engen Verflechtungen zwischen organisiertem Verbrechen und Politik. Seine öffentlichen Auftritte gleichen dabei einer Theateraufführung, bei denen sich Buscetta mit Sonnenbrille und Maßanzug gekonnt in Szene setzt.

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Alte Meister

Nach ihren Höhenflügen in den 90er Jahren, scheinen Mafiafilme im Jahr 2020 ausgestorben zu sein. Der Pate des Genres, Martin Scorsese, lieferte mit "The Irishman“ nochmal einen letzten Abgesang auf die harten Kerle in Anzügen und scheint damit das Ende einer Ära endgültig besiegelt zu haben. Das 80jährige Regie-Urgestein Marco Bellocchio warf, unabhängig von Scorsese, auch noch einmal einen letzten Blick auf die weltweit agierende Cosa Nostra und schafft es in "Il Traditore“, ein packendes Biopic mit einem geschichtsträchtigen Gerichtsprozess in seiner Heimat zu verknüpfen. Die Maxi Prozesse führten zu zahlreichen Verurteilungen und brachten die Schrecken der italienischen Mafia ans Tageslicht.

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Wild

In den 153 Minuten Laufzeit kreuzen sich unterschiedlichste Zeitebenen, aber trotz der Vielzahl an Handlungssträngen und Figuren, bleibt die Geschichte stets verständlich. Das Highlight des Films sind die aufwendig inszenierten Gerichtsszenen, in denen sich Zeugen, Angeklagte und Richter Schreiduelle liefern, die nicht selten ins Komödiantische kippen. Wie wilde Tiere im Zoo müssen die gut gekleideten Mafiaoberhäupter hinter einem Gitter sitzen und sich der Öffentlichkeit stellen. Neben all den brisanten Enthüllungen rund um kriminelle Strukturen, vermittelt der Mafiafilm auch ein Lebensgefühl, von dem ein Normalsterblicher nur träumen kann. Villen, Autos, Banquettes, Frauen und Drogen bestimmen den ausgelassenen Alltag der Clan-Oberhäupter.

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Wer sich an "Casino“ und "Goodfellas“ sattgesehen hat und neugierig auf den europäischen Blick auf die Mafia ist, sollte "Il Tradittore“ auf keinen Fall verpassen. Ein Epos, das in dieser Form wohl lange nicht mehr im Kino zusehen sein wird.