"Halloween Haunt": Mit mörderischen Freaks allein im Horror-Haus
Von Franco Schedl
Also diese Mörder werden auch immer fauler: jetzt lassen sie ihre potentiellen Opfer schon zu sich nach Hause kommen und eröffnen in den eigenhändig zusammengezimmerten vier Wänden die Menschenjagd. Dadurch hält man als sparsamer Psychopath die Benzinkosten niedrig und hat obendrein beim Metzeln einen Heimvorteil.
Realistische Schreckenstour
In der Halloween-Nacht besucht eine Gruppe von sechs amerikanischen Studenten (vier Mädchen und zwei Jungs) ein einsam gelegenes Grusel-Haus, um sich Gänsehaut zu verschaffen. Gleich vor dem Gebäude empfängt sie ein stummer Clown und nimmt ihnen ihre Handys ab, bevor sie ihre Horror-Tour beginnen dürfen. Natürlich gehen die jungen Leute davon aus, dass ihnen ein paar professionelle Darsteller einen ordentlichen Schrecken einjagen werden. Da schwenkt zum Beispiel ein Leatherface seine Kettensäge oder eine Hexe foltert Menschen mit glühendem Eisen. Doch was ist, wenn die bedrohlichen Mordszenen gar nicht gespielt wurden, sondern echtes Blut fließt? Genau das ist leider der Fall und hinter den diversen Halloweenmasken verbergen sich tatsächlich Killer. Bis den Besuchern das allmählich klar wird, sind gar nicht mehr alle von ihnen am Leben.
Kurze Gewalt
Da Eli Roth ("Cabin Fever" und "Hostel") zu den Produzenten zählt, darf man sich auf schonungslose Gewaltdarstellungen gefasst machen. Doch gerade die blutigen Momente wirken oft recht überhastet - in einem Slasherfilm, der etwas auf sich hält, wendet sich die Kamera normalerweise nicht ab, sobald es den Opfern an den Kragen geht. Hier passieren die tödlichen Verletzungen jedoch fast nebenbei und in Sekundenbruchteilen. Gewalt wird also nicht zelebriert; das ist ja an sich kein Fehler, dürfte aber wohl eher daran liegen, dass man sich keine besseren Spezialeffekte leisten konnte.
Interessante Psychopathen
Nach der typischen Ausgangssituation eines solchen Genrefilms, die nicht gerade sehr originell ist, beginnt die Story jedoch interessanter zu werden. Sobald sich die Opfer durch etliche mit Halloween-Dekorationen austapezierte Escape-Rooms kämpfen müssen, können sich schon ziemlich unangenehme Situationen für sie ergeben. Auch die Killer-Typen weisen einige Besonderheiten auf: während normalerweise die große Demaskierung der Bösen erst in letzter Minute (oder gar nicht) erfolgt, nehmen sie hier schon in der Halbzeit ihre Masken ab, doch was darunter zum Vorschein kommt, sorgt auch nicht gerade für Behaglichkeit. Das Finale ist dann aber wieder allzu schematisch: es gleicht einer Rachefantasie, bei der man den Spieß umdreht, erscheint aber nicht glaubwürdig.
Schmerzlose Heldin
Von Anfang an wissen wir, dass eine der sechs Personen unsere Heldin sein wird, die höchstwahrscheinlich alle Misshandlungen überlebt. Dieses Mädchen namens Harper (Katie Stevens) leidet zwar unter einem familiären Kindheitstrauma und die prägende Szene wird in dem Horrorhaus wiedererweckt, als sie gerade im Versteck unter einem Bett liegt. Doch andererseits hat Harper soeben mit ihrem gewalttätigen Freund Schluss gemacht und ist nur allzu bereit, ihren aufgestauten Aggressionen freien Lauf zu lassen, was den Halloween-Mördern gar nicht gefallen wird. Außerdem besitzt sie eine sehr nützliche Fähigkeit, indem sie über eine hohe Schmerzschwelle verfügt und frische Verletzungen einfach zu vergessen scheint: da hat sie sich erst wenige Minuten zuvor einen mindestens 10cm langen Nagel in die Fußsohle gebohrt, doch als es darum geht, die Flucht zu ergreifen, weist sie beim Davonlaufen nicht das geringste Hinken auf.
Das Autoren- und Regieduo Scott Beck und Bryan Woods wird sich bei solchen Unstimmigkeiten bestimmt etwas gedacht haben, denn die beiden sind schließlich keine Anfänger, sondern von ihnen stammt unter anderem das Drehbuch zum allgemein geschätzten Horrorfilm „A Quiet Place“ (sie haben also eindeutig eine Vorliebe für lange Bodennägel, die heimtückisch warten, dass jemand drauftritt – vielleicht ist das ihr ganz spezielles Kindheitstrauma gewesen).
3 von 5 blutigen Nagelproben