Filmkritiken

"Gott, du kannst ein Arsch sein!": Roadtrip bis zum Ende

Es könnte alles so perfekt sein: Die 16-jährige Steffi (Sinje Irslinger) hat soeben ihren Realschulabschluss gemacht und steckt voller Tatendrang. Sie freut sich auf die Abschlussfahrt nach Paris und plant dort eine romantische Nacht mit ihrem Freund Fabi (Jonas Holdenrieder). Auch für die Zukunft hat sie große Pläne, möchte sie doch schon bald die Ausbildung zur Polizistin in Angriff nehmen. Doch leider kommt alles ganz anders: Bei einer Routineuntersuchungen werden Auffälligkeiten in ihrem Blutbild festgestellt. Kurz darauf die dramatische Diagnose: Krebs, unheilbar, mit nur noch kurzer Lebenserwartung.

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Mit dem Pick-Up-Truck nach Paris

Für Steffis Eltern Eva (Heike Makatsch) und Pastor Frank (Til Schweiger) bricht die Welt zusammen, sofort wollen sie ihre Tochter durch alle möglichen Behandlungswege führen, die Abschlussfahrt wird somit unmöglich. Steffi sieht das aber anders und beschließt, ihrem Freund trotzdem nach Paris zu folgen. Zufällig lernt sie den jungen Motorradakrobaten Steve (Max Hubacher) kennen, der vor seinem trinkenden Vater (Jürgen Vogel) und der strengen Arbeitswelt im Zirkus flüchten will. Die beiden tun sich kurzerhand zusammen und machen sich mit Steffis Auto gemeinsam auf gen Paris. Während die besorgten Eltern die Verfolgung aufnehmen und versuchen, ihre Tochter zur Vernunft zu bringen, lernt Steffi auf ihrem wilden Roadtrip, was Lebensfreude wirklich für sie bedeutet.

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Wahre Geschichte

Seit dem großen Erfolg von "Das Schicksal ist ein mieser Verräter" von 2014 vergeht kein Jahr ohne zumindest ein Teenie-Sterbedrama – wenn nicht mehrere. Auch hier wird auf diesen Zug aufgesprungen, der dramatische Kitschfaktor hält sich vergleichsweise aber in Grenzen.

Regisseur André Erkau hat bereits 2012 mit dem Film "Das Leben ist nichts für Feiglinge" einen ähnlich schweren Stoff auf die Leinwand gebracht. Sein neues Werk beruht auf einer wahren Geschichte, nämlich auf dem Buch "Gott, du kannst ein Arsch sein" des realen Frank Pape. Dieser hat 2015 das Tagebuch seiner an Krebs verstorbenen Tochter veröffentlicht. Die wirkliche Steffi schildert darin ihre letzten Lebensmonate, von der Diagnose bis zum unmittelbaren Ende. Ein Roadtrip nach Paris kam darin allerdings nicht vor, die Drehbuchautoren Tommy Wosch und Katja Kittendorf orientierten sich also eher lose an der Vorlage.

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Schöne Landschaften, absurde Situationen

Was an Kitsch eingespart wird, verliert sich nur leider oft in unglaubwürdigen Situationen. Da kommt es schon mal vor, dass Steffi und Steve unterwegs auf Kühen reiten (bitte nicht nachmachen!), problemlos nachts in eine Skihalle einbrechen oder sich ohne Bargeld oder Kreditkarte ein Zimmer in einem Luxushotel erschwindeln können. Auch die Flucht vor einem wütend-brutalen Tankstellenbetreiber (Publikumsliebling Benno Fürmann) ist nicht wirklich humorvoll, sondern eher absurd.

Warum das verzweifelte Elternpaar wiederum der kranken Tochter, die mit einem Fremden alleine im Auto unterwegs ist, planlos hinterherhetz, anstatt vielleicht mal die Polizei einzuschalten, muss man auch nicht verstehen. Immerhin sind die Landschaftsszenen unterwegs wunderschön, Kameramann Torsten Breuer holt dabei alles heraus.  

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Romantik zum Finale

Das Paar Irslinger / Hubacher harmoniert zwar sehr gut als junges Ausreißer-Duo, die doppelte Roadtrip-Story wird stellenweise aber zu langatmig – etwa, wenn der gute Pastor minutenlang versucht, sich an der Tankstelle an den Pin seiner Bankomatkarte zu erinnern. Dass Dramatik nicht unbedingt das stärkste Fach von Schauspieler Til Schweiger ist, wird mal wieder deutlich. Immerhin passt die Chemie mit Kollegin Makatsch, die insbesondere in den wenigen Mutter-Tochter-Momenten in ihrer Rolle aufgeht.

Keine Sorge, Kitsch-Fans bekommen am Schluss auch ihre obligatorische Liebesszene – ganz ohne geht es in diesem Genre schließlich nicht. Eine große Lovestory mit viel Tränen darf man sich von diesem Film aber nicht erwarten. Stattdessen versucht "Gott, du kannst ein Arsch sein" ein Plädoyer für die Lebensfreude und das Hier und Jetzt zu sein. Hätte mit einem weniger chaotisch-vollgepackten Drehbuch aber auch funktioniert.