Filmkritiken

"Fallout": Lohnt sich die Amazon-Serie nach dem Kult-Game?

In unserer Rubrik "Lohnt sich das?" stellen wir euch einmal wöchentlich einen Streamingtitel (Film oder Serie), der in aller Munde ist, vor, nehmen ihn genauer unter die Lupe und stellen für euch die altbekannte Frage: "Lohnt sich das überhaupt?" Lohnt es sich, dafür Zeit zu investieren? Ein Abo abzuschließen? Oder ein Abo zu beenden?

Diesmal: (Die ersten zwei Folgen von) "Fallout" auf Amazon Prime Video
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Das Überleben in einer postapokalyptischen Welt ist der ideale Stoff für ein Videogame, werden sich die Entwickler von Interplay Entertainment gedacht haben, bevor sie 1997 ihre Computer-Rollenspiel-Reihe mit dem ersten "Fallout"-Abenteuer eröffneten – und der Erfolg hat ihnen Recht gegeben. Es folgten noch drei weitere Games und einige Spin-offs (seit 2007 unter dem Label Betseda Softworks). 

Aber dieses Szenario könnte auch gut als Ausgangssituation für eine Serie funktionieren, hat sich über zwei Jahrzehnte später dann "Westworld"-Erfinder Jonathan Nolan gedacht und mit Amazon Prime Video einen Deal ausgehandelt, um seine Vision in acht Episoden umzusetzen. Ob das eine gute Idee war?

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Ironische Gewalt nach der Bunker-Hochzeit

Zunächst geht es aber mit "The End" los und wir bekommen in einem alternativen Amerika, das in den 1950er-Jahren stehengeblieben zu sein scheint, ausgerechnet während einer Kindergeburtstagsfeier als besondere Überraschung überall hochwachsende Atompilze geboten. Diese brillant umgesetzte kurze Szene erregt sofort richtiges Unbehagen und Bestürzung, zeigt aber zugleich, dass Jonathan nicht ohne Grund Christopher Nolans Bruder ist und nun sozusagen in Eigenregie die Konsequenzen aus dessen "Oppenheimer" zieht. 

219 Jahre später geht es dann mit einer unterirdischen Hochzeit weiter, doch das neue Eheglück hält nicht lange, sondern erreicht bald nach dem ersten Sex einen sehr unromantischen Höhepunkt. Somit ist von vornherein klar, dass hier mit Gewalt nicht gerade zimperlich umgegangen wird. Es meldet sich aber auch ein grimmiger Humor, denn das blutige Gemetzel steht in Kontrast zu den überall angebrachten Feel-Good-Slogans wie "Have A Bright Day", "Don't Lose Your Head" oder "The Outside World Can Never Hurt You" - und die Leichen landen schließlich auf dem Kompost.

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Neue Story und Figuren

Verfilmt wurde nicht etwa die konkrete Storyline eines der Videospiele, sondern uns erwartet eine vollkommen eigenständige Geschichte mit bisher unbekannten Figuren. Allen voran die immer positiv denkende Lucy (Ella Purnell), deren Mission darin besteht, ihren Vater (Kyle MacLachlan) zu retten. Dabei trifft sie auf Maximus (Aaron Moten), einen jungen Soldaten in der militärischen Gruppierung Brotherhood of Steel, sowie Ghoul (Walton Goggins), einen abgebrühten Kopfgeldjäger. Sie alle sind an dem Wissenschaftler Wilzig (Michael Emerson) interessiert, dank dessen Forschungen sich die Zukunft der Menschheit entscheiden könnte. 

Mit Vault 33 wurde auch ein neuer Bunker ins Spiel gebracht, dessen Bewohnerin Lucy erstmals im Leben ans Tageslicht steigt. Was sich ihr auf der Oberfläche einer vom Atomkrieg verwüsteten Erde bietet, ist ebenso bemerkenswert wie erschreckend.

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Von "Star Wars" bis Western

Gekonnt mischt Nolan mit seinen detailreich ausgestatteten Settings verschiedene Stilebenen: Lucys Bunkerwelt voll süßlich-verlogenem Retro-Charme der Fifties, Maximus' "Star Wars"-mäßigen Alltag, der von militärischem Drill beherrscht wird, und das mit Westernelemente durchsetzte Wasteland des Gesetzlosen Ghoul.   

Purnell spielt mit unerschütterlichem Zweckoptimismus und dem Elan einer Pfadfinderin eine Figur von geradezu rührender Unschuld und man kann sich nur wundern, dass diese Vault-Bewohnerin trotz grenzenloser Naivität immer überlebt. Moten könnte in vielerlei Hinsicht als ihr männliches Gegenstück gelten, da dieser Maximus geradezu gegen seinen Willen in die Rolle des Kriegers gedrängt wird. Den größten Blickfang bietet natürlich Goggins mit seinem nasenlosen Gesicht, das einem Totenschädel gleicht, und er wird seinem Image als Mann fürs Grobe, auf das er seit jeher festgelegt ist, wieder einmal vollends gerecht.

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Hier läuft immer der richtige Song

"Fallout" lässt sich vor allem auch hören: Der Soundtrack wird konsequent durch Songs der 50er-Jahre gespeist, was ebenfalls zu einem Verfremdungseffekt beiträgt und immer einen ironischen Kommentar zum Geschehen garantiert. 

Wenn Lucy ihre Reise durch die verwüsteten Weiten antritt, gibt Bing Crosby "Don't Fance Me in" zum Besten. Als Maximus erstmals in die Rüstung des Kampfroboters schlüpft, trällert Betty Hutton "It's A Man". Und im Abspann schmettert Sheldon Allman dann noch "Crawl Out Through The Fallout", während ein Atomschlag Menschen in Skelette verwandelt. 

In der Serie wurde tatsächlich auf jedes noch so kleine Detail geachtet und nicht nur Gamer:innen werden begeistert in diese ausgeklügelte Endzeitwelt eintauchen. Gemeinsam mit den Showrunner:innen Graham Wagner ("Silicon Valley") und Geneva Robertson-Dworet ("Captain Marvel") hat Nolan somit eine besondere Serie mit großem Unterhaltungswert geschaffen.

4 von 5 Sternen

Für Fans von: "The Last of Us""Snowpiercer""Book of Eli""The Bad Batch"

Hier geht's direkt zur Serie!

 

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