Filmkritiken

"Edie – Für Träume ist es nie zu spät": Mit über 80 auf den Berg

Vor ein paar Jahren hat Dieter Hallervorden einen rüstigen Rentner gespielt, der jenseits der 80 noch allen davongelaufen ist, um mit überragendem Vorsprung einen Marathon zu gewinnen („Sein letztes Rennen“). Das war bestimmt nicht glaubwürdig, doch immerhin handelte es sich bei dieser Figur um einen ehemaligen Leistungssportler.

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Ein Wanderziel im hohen Alter

Die Engländerin Edith Moor (Sheila Hancock) hat keine solche Vergangenheit aufzuweisen: sie war die letzten 30 Jahre damit beschäftigt, den eher ungeliebten und tyrannischen Mann zu pflegen. Da blieb keine Zeit für sportliche Aktivitäten oder Selbstverwirklichung. Als sie dann Witwe geworden ist, fällt ihr eine alte Postkarte in die Hände, auf der Schottlands berühmter Mount Suliven abgebildet ist. Ihr Vater hat sie einst zu einer Bergtour eingeladen, doch aus diesem Plan ist nie etwas geworden. Bevor sie nun von ihrer Tochter in ein Pflegeheim abgeschoben werden kann, tut sie etwas Ungewöhnliches: sie trifft tatsächlich eine eigene Entscheidung und fasst den spontanen Entschluss, diesen Berg endlich zu besteigen.

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Kurzes Training für den langen Trip

Edie will somit für ihre Begriffe eine Bergpartie der Superlative absolvieren. Für die Ungeübte muss es ja so sein, als wäre sie gleich im Himalaya unterwegs.   Zum persönlichen Trainer gewinnt sie Jonny (Kevin Guthrie), dem in Inverness ein Laden mit Wanderausrüstung gehört. Dabei kommt das ungleiche Duo zunächst gar nicht miteinander klar, denn der junge Mann hat Ediegleich nach ihrer Ankunft im Bahnhof über den Haufen gerannt; doch dann erkennen sie allmählich, dass sie einige Gemeinsamkeiten haben. Nun soll er sie jedenfalls auf die körperliche Herausforderung vorbereiten und offenbar genügt ein bisschen Radfahren bzw. durch die Ebene laufen, um für diesen Mehrtages-Trip Fitness zu erlangen. Noch dazu scheint es mit Edies Beweglichkeit gar nicht weit her zu sein, denn als sie einmal bloß leicht die Knie beugt, ist gleich ein beängstigendes Knochenknacken zu hören. Daher treten auch immer wieder Zweifel auf und das Projekt droht zu scheitern, doch als sie es dann doch durchzieht, tut sie das auf eine Weise, die, nüchtern betrachtet, auf einen Selbstmord hinausläuft.

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Feel good-Motive besiegen die Glaubwürdigkeit

Aber Vernunftgründe sind in diesem typischen Feel-Good-Movie selbstverständlich fehl am Platz. Es ist klar, welche Botschaft der Film verbreiten will: man soll niemals aufgeben und es ist nie zu spät, Lebensziele zu erreichen. Also rauf auf den Gipfel und wenn man auf allen Vieren kriechen muss! Die 1933 geborene Sheila Hancock hat bei den Dreharbeiten tatsächlich alle Strapazen auf sich genommen und aus eigener Kraft den Mount Suliven bezwungen. Allein ihretwegen lohnt es sich, dem ansonsten recht stereotypen Werk mit seiner dick aufgetragenen, unwahrscheinlichen Geschichte eine Chance zu geben. Das ausdrucksvolle Gesicht der Hauptdarstellerin beherrscht fast jede Szene und es ist erfreulich, dabei zuzusehen, wie diese alte Frau in den Highlands auflebt. Nicht zu vergessen: An der schönen Landschaft kann man sich natürlich auch berauschen.

3 von 5 schottischen Geröllbrocken