"Der Exorzist: Bekenntnis": Dämon der absoluten Langeweile
Von Franco Schedl
Bringt es ein Dämon fertig, gleichzeitig in zwei verschiedene Körper zu fahren? Offenbar ist das ein leichtes Kunststück für teuflische Mächte, vor allem, wenn es sich bei den Besessenen um Kinder handelt. Doch beginnen wir zunächst lieber mit einem besessenen Regisseur.
David Gordon Green hat einfach eine Vorliebe für guten alten Horror, dem er gemeinsam mit Blumhouse unbedingt neues Leben einhauchen möchte. Zunächst war "Halloween" an der Reihe – er bescherte der langlebigen Slasher-Reihe zwischen 2018 und 2022 eine Trilogie, in der Jamie Lee Curtis zum Finale endlich Michael Meyers filetieren durfte.
Jetzt ist ein noch älterer Klassiker des Bösen an der Reihe: William Friedkins für 10 Oscars nominiertes Meisterwerk "Der Exorzist" von 1973 hat bis heute nichts von seiner verstörenden Wirkung verloren und ist so beliebt, dass 2001 noch ein rund zehn Minuten längerer und digital überarbeiteter Director's Cut hinterhergeschickt wurde – ganz zu schweigen von einigen Sequels und Prequels und einer Fernsehserie.
Vielversprechende Voraussetzungen
Green verhält sich nun in "Bekenntnis", dem Auftakt seiner eigenen Exorzismus-Trilogie, so, als hätte es all sie nachfolgenden Werke gar nicht gegeben und knüpft ausschließlich ans Original an. Dass er dafür die inzwischen 90-jährige Ellen Burstyn in ihrer damaligen Rolle als Chris MacNeil wieder zurückholen konnte, ist ebenso erstaunlich wie erfreulich.
Ihre vor fünf Jahrzehnten besessene Tochter Reagan wird aber nicht etwa erneut zum Opfer des Dämons Pazuzu, sondern diesmal geht es um die junge Angela (Lidya Jewett) und ihrer Freundin Katherine (Newcomerin Olivia O’Neill). Die beiden Mädchen tauchen nach tagelanger Abgängigkeit im Wald sehr negativ verändert wieder auf.
Angelas verzweifelter Vater (Leslie Odom Jr.) wendet sich schließlich an die einzige Person, deren Erfahrungen in einer solchen Situation hilfreich sein könnten – und so kommt Chris MacNeil ins Spiel. Sie wird bestimmt nützliche Ratschläge erteilen, wie man beim erneuten Exorzismus vorgehen muss.
Enttäuschendes Ergebnis
Kann uns heute überhaupt noch schocken, was Anfang der 70er-Jahre für ein völlig unvorbereitetes Publikum eine absolute Neuheit war? Nach all den unzähligen Teufelsaustreibungen, die in den folgenden Jahrzehnten auf der Leinwand durchgeführt wurden, muss sich eine aktuelle Produktion schon einiges an Drastik einfallen lassen, um da mitzuhalten.
Doch je länger der Film dauert, umso stärker drängt sich die schreckliche Erkenntnis auf: Green hat nicht einmal ansatzweise den Versuch unternommen, diesem Sequel Originalität einzuhauchen. Man wartet vergeblich auf einen besonderen Touch, der sein Werk als würdigen Nachfolger des großen Originals auszeichnen könnte und der Storyline durch zeitgemäße Weiterführung gerecht wird.
Jugendfreie Dämonensprache und Doppel-Exorzismus
Das waren halt noch gestandene Dämonen damals: Während Pazuzu 1973 aus Kindermund saftige Obszönitäten verlautbarte, die selbst einen gestandenen Priester zum Erröten bringen konnten, gibt das Böse in "Bekenntnis" nur ein paar harmlose Verbalattacken zum Besten, die sich vor allem auf psychische Schwächen der Eltern beziehen, doch ansonsten bleibt alles jugendfrei und brav (und halbwegs politisch korrekt?). Also wurde auch rein sprachlich auf Schockmomente verzichtet.
Die letzte halbe Stunde ist dann dem Doppel-Exorzismus der beiden Mädchen vorbehalten, doch selbst hier wird man vergeblich auf einen Höhepunkt warten, denn sogar belanglose Low-Budget-Produktionen hatten bereits wesentlich effektvollere Dämonen-Austreibungen zu bieten.
Die Mädels grinsen höhnisch, kreischen laut, spucken etwas Dämonenspeichel oder kotzen auch mal einen dunklen Schwall an bösen Substanzen aus und überwinden die Schwerkraft – aber das war's dann auch schon. Und es ist leider auch nicht so, dass eine tiefgründige Geschichte alle mäßigen Spezialeffekte in den Schatten stellen würde.
Alte Garde und Wunsch nach Anti-Exorzismus
David Gordon Green setzt vor allem auf die alte Garde und den Wiedererkennungseffekt. Dass sich Burstyn hier bereiterklärt hat, in ihrer damaligen Rolle zurückzukehren, ist höchstens dann nachvollziehbar, falls man ihr vorher keinen Einblick ins Drehbuch gewährte. Ganz zuletzt kommt dann noch eine andere wichtige Figur ins Spiel, aber auch sie bringt es nicht fertig, unser Interesse an einem weiteren Teil aufrechtzuerhalten.
Während der originale "Exorzist" vor einem halben Jahrhundert das Publikum traumatisieren konnte, schafft es dieser späte Nachzügler höchstens, Langeweile zu verbreiten und regt zur rätselhaften Frage an, wozu er überhaupt nötig war. Da müsste man schon einen sehr kräftigen Anti-Exorzismus durchführen, um zu hoffen, dass wenigstens Teil 2 dieser neuen Trilogie von echten dämonischen Kräften erfüllt ist.
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