Filmkritiken

"Das Signal": Lohnt sich die Netflix-Serie mit Florian David Fitz?

In unserer Rubrik "Lohnt sich das?" stellen wir euch einmal wöchentlich einen Streamingtitel (Film oder Serie), der in aller Munde ist, vor, nehmen ihn genauer unter die Lupe und stellen für euch die altbekannte Frage: "Lohnt sich das überhaupt?" Lohnt es sich, dafür Zeit zu investieren? Ein Abo abzuschließen? Oder ein Abo zu beenden?

Diesmal: (alle vier Folgen von) "Das Signal" auf Netflix
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Gute sieben Jahre ist es schon wieder her, dass "Dark" auf Netflix für internationale Furore sorgte und bewies, dass deutsche (Genre-)Produktionen durchaus mit jenen aus Hollywood mithalten können. Seitdem versucht der rote Streaminganbieter alles in seiner (großen) Macht stehende, um einen ähnlichen Hype mittels einer deutschen Serie zu entfachen. 

Manchmal wurde das Ziel auch beinahe erreicht: Man denke an "How to sell drugs online (fast)" oder "Liebes Kind". Und manchmal stand Netflix seinen Zielen selbst im Weg, siehe die viel zu früh abgesetzte Serie "1899. Aber trotz hoher Streaming-Quoten fehlte diesen Serien am Ende nun mal das Ausschlaggebende, um in die großen "Dark"-Fußstapfen treten zu können: nämlich ein ähnliches übergeordnetes Geheimnis, das dem Publikum schlaflose Nächte bereitet, dessen Twists für offene Münde sorgen und das sowohl am Schulhof als auch im Büro oder auf der Baustelle für nie enden wollende Diskussionen sorgt.

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Mit "Das Signal" könnte Netflix nun endlich seinen "Dark"-Nachfolger gefunden haben. Das SciFi-Mystery-Genre wäre immerhin dasselbe, das Herkunftsland natürlich auch. Und das große Fragezeichen, das permanent wie ein bedrohliches Damoklesschwert über der Handlung schwebt, gibt es obendrein auch noch. Diverse Medien jedenfalls preisen "Das Signal" (mit Florian David Fitz in der Hauptrolle, der – merklich – auch am Drehbuch mitschrieb) als "das nächste 'Dark'" an. Aber wie viel Wunschdenken und Sehnsucht spielt hier mit?

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Darum geht's in "Das Signal"

Nach Monaten im Weltall im Rahmen einer privat finanzierten Raumfahrtmission ist die Wissenschaftlerin Paula (Peri Baumeister) zurück auf der Erde. Jetzt noch ein kurzer Flug über den großen Teich und sie ist endlich wieder bei ihrer Familie. Aber Paula kommt nie zu Hause an, Sven (Fitz) und seine Tochter Charlie (Yuna Bennett) warten vergebens am Gate. Das Flugzeug ist wie vom Erdboden verschluckt. 

Während Sven versucht, seine Tochter vor der schrecklichen Erkenntnis zu schützen, greift er nach jedem Strohhalm, der sich ihm bietet. Und plötzlich, so scheint es, wird er fündig: Paula hat ihm ein Rätsel hinterlassen, einen roten Faden, dem Sven nun folgt. Doch je mehr er an diesem zieht, desto mehr bricht sein Leben ein, desto größer werden das Rätsel und die Bedrohung für ihn und Charlie sowie am Ende für die ganze Welt. Denn Paula hat im Dunkeln des Weltalls eine unglaubliche Entdeckung gemacht ...

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Geschichte voller Kontraste

Dass Netflix hier keine Kosten und Mühen gescheut hat, wird schnell klar: "Das Signal" ist visuell imposant umgesetzt, besonders die Weltraum-Szenen punkten mit einer kühlen, aber trotzdem ausdrucksstarken Bildsprache und fangen, auch anhand der dynamischen, aber niemals hektischen Kamerafahrten, das Mystische, Romantische und Unendliche des Weltalls ein. 

Dem gegenüber stehen die Szenen auf der Erde: in eher warmen Farben gehalten, mit Fokus auf das (buchstäblich) geerdete Holz-Wohnhaus von Sven, Paula und Charlie, in dem Gemütlichkeit, Zusammenhalt und bezeichnenderweise Analogie einen großen Stellenwert einnehmen. Dort die hyper-moderne High-Tech-Raumstation, da das idyllische Naturhaus. Auf der einen Seite Paula, die rationale, neugierige, aber doch verträumte Wissenschaftlerin, der die Erde nicht genug ist und die ihre Flügel ausbreiten möchte. Auf der anderen Seite Sven, der emotionale und technikskeptische Lehrer, der "Stein, der andere erden will" (O-Ton Florian David Fitz) und sich am liebsten in der Familienhöhle verkriechen würde.

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Es sind diese Gegensätze, die "Das Signal" interessant machen. Die Story wird auf insgesamt drei Zeitebenen erzählt, die mit teils sehr geschickten dramaturgischen, aber auch visuellen Übergängen miteinander verbunden werden und zeigen: Paula und Sven, das ist eine Liebesgeschichte, die über Zeit und Raum hinausgeht. 

Vor allem aber möchte uns "Das Signal" verdeutlichen: Trotz der Unterschiede sind wir alle Teil eines großen Ganzen, eine Einheit – eine Metapher, die auch am Ende nochmals bedeutsam wird und die "Das Signal" angenehm von spröden Weltall-Krawall-Krachern wie "Independence Day" abheben und die Serie eher in eine Reihe wie "Arrival" stellen lässt, in der die Kraft aus der Stille und den philosophischen Zwischentönen gezogen wird. Denn es geht weniger darum, wer oder was hinter dem Geheimnis steckt, sondern darum, was das Geheimnis mit der Psyche der einzelnen Figuren macht.

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Schlafwandlerische Atmosphäre

Generell gilt: Allzu viel Action sollte man sich von "Das Signal" nicht erwarten. Es mag zwar die eine oder andere Verfolgungsjagd, Explosion und natürlich die obligatorische Hetzjagd durch das meterhohe Maisfeld geben, aber vielmehr umgibt die Serie eine schlafwandlerische, manchmal gar träumerische Atmosphärische, die zwar nicht langsam, aber doch gemächlich erzählt wird und sich viel Zeit für ruhige (Charakter-)Momente nimmt. 

Mitunter hat man als Zuseher:in das Gefühl, beim Bingen durch Wasser zu waten; Grenzen verschwimmen und die gezielt eingestreuten philosophischen Versatzstücke tragen trotz der an sich sehr groß angelegten Prämisse zur Intimität der Serie bei. Am Ende ist "Das Signal" eine Geschichte über Vertrauen, Trauer, Familie und den Mut, loszulassen.

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Überzeugender Cast – mit Abstrichen 

Das wird zusätzlich durch die sensible (und glaubwürdige) Zeichnung der Figuren unterstützt, der Fitz und die Autorinnen Nadine Gottmann und Kim Zimmermann einen großen Stellenwert geben. So beispielsweise lässt die (authentische) Gebärdensprache zwischen Sven und seiner taubstummen Tochter Charlie (hören und somit sprechen kann sie nur mittels einer hochmodernen Technologie) die Charaktere und deren Beziehungen untereinander vielschichtiger und tiefgründiger erscheinen. Es ist höchst interessant zu verfolgen, wann Charlie ihr Hörgerät abnimmt und beschließt, sich von ihrer Umgebung abzugrenzen – und wann sie sich trotz Gefahr für ihr Seelenheil dagegen entscheidet. 

Florian David Fitz alias Sven, der vom durchschnittlichen Alltagstypen genrekonform zum Helden wird und in die Welt hinaus muss, spielt souverän und überzeugend, aber zeigt keine neuen Seiten von sich: Die Rolle des fürsorglichen Vaters hat man bei ihm schon mehrmals gesehen. Man weiß, dass er das kann. 

Peri Baumeister als Paula schafft meistens die Gratwanderung zwischen Verletzlichkeit und Widerstandsfähigkeit, trägt in ihrem sanften Spiel aber mitunter etwas zu dick auf. Yuna Bennett (Charlie) und Katharina Thalbach (in einer mysteriösen Rolle) stechen aus dem Cast dank eines authentischen und nuancierten Spiels am stärksten hervor.

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Ist "Das Signal" also das neue "Dark"?

Kein Zweifel, mit "Das Signal" ist Netflix ein (halbwegs) großer Wurf gelungen, der für hohe Streaming-Quoten und Begeisterung sorgen dürfte. Auch die Cliffhanger am Ende jeder Folge laden zum Binge-Watching ein; da die Story in der kommenden Episode stets dort weiter erzählt wird, wo sie zuvor endete, fühlen sich die (ohnehin nur) vier einstündigen Episoden wie ein einziger langer Film an. Episode für Episode wird das Mysterium klarer, nach und nach entwickelt sich ein packender Sog.

Trotzdem ist "Das Signal" von Überflieger "Dark" doch ein ganzes Stückchen entfernt. Dazu ist die Story zu stringent, zu klassisch erzählt, das Mysterium zu wenig episch. Die Twists kommen, um sich der übergeordneten Stimmung der Serie anzugleichen, mit leisen Sohlen daher, auch wenn es manchmal einen Paukenschlag nötig gehabt hätte. Auf Antworten folgen keine neuen Fragen.

Mitunter weist die Story Längen auf und driftet in Side-Plots (v.a. die Wutbürger:innen!) ab, die sie eigentlich nicht notwendig gehabt hätte, da sie zur Lösung nichts beitragen und nur den Sinn haben, künstlich in die Länge zu ziehen. So hätte man durchaus eine ganze Episode streichen können, ohne an Sinn und Spannung zu verlieren – mehr noch: Man hätte das Gefühl verhindert, dass die Story mitunter auf der Stelle tritt. Auch einige Genre-Klischees konnte sich "Das Signal" nicht verkneifen – und die eine oder andere Überraschung ist dann doch keine. 

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Das Finale wiederum traut sich, bewusst mit der ansonsten gefürchteten Antiklimaktik zu spielen und diese zur vielschichtigen Kunstform zu erheben. Eine kleine Moralkeule lässt sich zwar nicht gänzlich leugnen, ein ergreifendes Lächeln beim Zusehen aber auch nicht – und vor allem nicht diverse Denkanstöße, die wir als Gesellschaft gerade dringend nötig haben.

3,5 von 5 Sternen


Für Fans von: "Arrival", "Manifest", "Dark", "Akte X", "Gravity", "Spaceman"