"Bird Box: Barcelona": Lohnt sich das Horror-Sequel von Netflix?
Von Franco Schedl
In unserer neuen Rubrik "Lohnt sich das?" stellen wir euch einmal wöchentlich einen Streamingtitel (Film oder Serie), der in aller Munde ist, vor, nehmen ihn genauer unter die Lupe und stellen uns die altbekannte Frage: "Lohnt sich das überhaupt?" Lohnt es sich, dafür Zeit zu investieren? Ein Abo abzuschließen? Oder ein Abo zu beenden?
Diesmal: "Bird Box: Barcelona" auf Netflix.
Bei einem Horrorfilm darf man sich schon mal die Augen zuhalten, wenn eine besonders schlimme Szene kommt – keine Frage. Doch beim heutigen Netflix-Werk "Bird Box: Barcelona" müsste man sich von vornherein die Augen verbinden. Das könnte die Wahrnehmung dann doch ziemlich trüben.
Andererseits ist es uns bereits einmal gelungen, ein ähnliches Erlebnis unbeschadet zu überstehen, obwohl wir die ganze Zeit hingeschaut haben. Damals war Sandra Bullock mit einem unerklärlichen Phänomen konfrontiert und ergriff mit ihren Kindern die Flucht, ohne etwas sehen zu können. Die Menschen in Amerika wurden nämlich durch den Anblick unnennbar schrecklicher Wesenheiten in den sofortigen Selbstmord getrieben.
Inzwischen ist die Suizid-Pandemie über den Ozean geschwappt und das namenlose Grauen breitet sich in Europa aus – vor allem Barcelona ist davon betroffen, wie uns dieses lose Sequel zeigt.
Mit schwarzen Taucherbrillen durch Barcelona
Der neue "Bird Box"-Film beginnt zwar ganz stilecht mit geschlossenen Augen, doch doch hat diesmal einen positiven Grund. Der Horror lässt jedoch nicht lange auf sich warten, wenn wir den Wegen von Sebastian (Mario Casas) und seiner Tochter Anna (Alejandra Howard) durch die verwüsteten Straßen eines postapokalyptischen Barcelonas folgen.
Die beiden haben Erfindungsreichtum bewiesen und tragen als Sichtschutz schwarz bemalte Taucherbrillen. Doch es ist nicht alles so, wie es auf den ersten Blick zu sein scheint und mehrere Rückblenden verschaffen uns schließlich Klarheit.
Brüderliche Regisseure als Horror-Spezialisten
Das spanische Regie- und Drehbuchduo David und Àlex Pastor hat sich auch bisher bevorzugt mit Horror beschäftigt, wovon Titel wie "Out of the Dark" oder "Dein Zuhause gehört mir" zeugen.
Ein paar ihrer Werke wirken wie unmittelbare Vorstudien zum neuen "Bird Box", denn in "Carriers" von 2009 bricht eine tödliche Pandemie aus und in "The Last Days – 12 Wochen nach der Panik" aus dem Jahr 2013 versinkt ganz Barcelona im Chaos, nachdem eine geheimnisvolle Epidemie von der Menschheit Besitz ergriffen hat.
Drehen die Pastors etwa immer bloß ein und denselben Film unter anderen Titeln? Jedenfalls scheint es eine Thematik zu sein, die ihnen ziemlich nahegeht und daher ist auch diesmal jene Szene am besten gelungen, in der das Grauen erstmals über die Stadt hereinbricht und Sebastian inmitten des blutigen Wahnsinns einen Weg durch die Stadt sucht, um seine Familie zu finden.
Lohnt sich "Bird Box: Barcelona"?
Die Story selbst kann dann aber weniger überzeugen, obwohl sie mit einem gebrochenen Antihelden aufwartet und die Figuren immer wieder neue Bündnisse eingehen lässt, deren Folgen meist fatal sind. Trotzdem gibt es kaum Neues, denn hier werden nur Motive des Originalfilms aufgegriffen, ein bisschen durcheinandergewürfelt und auf europäische Verhältnisse zugeschnitten.
Da wir uns nun in Spanien befinden, darf auch das katholische Erbe nicht fehlen, denn ausgerechnet ein Priester erweist sich als größte Bedrohung. Daneben versuchen die Pastors, alle Horror-Fans mit einigen blutigen Toden bei Laune zu halten – und immerhin kann der Film zwischendurch sogar mit einer interessanten neuen Theorie über die Kreaturen aufwarten: Sind es womöglich Quantenwesen?
Vor allem machen die Regisseure von den geografischen Gegebenheiten der Stadt ausgiebig Gebrauch und wer Barcelona kennt, wird dem Film bestimmt wesentlich mehr abgewinnen können.
Der Schluss ist dann so offen angelegt, dass sich locker ein weiterer Teil ausgeht. Vielleicht setzt ja Netflix die europäischen Städtetouren im Zeichen des Schreckens fort und schickt irgendwann auch ein "Bird Box: Wien" hinterher – das wäre doch ideal für eine Stadt, der immer eine besondere Beziehung zum Tod nachgesagt wurde.
3 von 5 Sternen
Für Fans von: "Bird Box", "A Quiet Place", "A Quiet Place 2", "The Silence"