Filmkritiken

"After Everything": Lohnt sich der finale Teil der Reihe?

In unserer Rubrik "Lohnt sich das?" stellen wir euch einmal wöchentlich einen Streamingtitel (Film oder Serie), der in aller Munde ist, vor, nehmen ihn genauer unter die Lupe und stellen für euch die altbekannte Frage: "Lohnt sich das überhaupt?" Lohnt es sich, dafür Zeit zu investieren? Ein Abo abzuschließen? Oder ein Abo zu beenden?

Diesmal: "After Everything" auf Prime Video

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Worum geht's in "After Everything"? 

Hardin (Hero Fiennes Tiffin, der Neffe von Ralph Fiennes und Joseph Fiennes) hat über seine leidenschaftliche Liebesbeziehung mit Tessa (Josephine Langford, Schwester von Katherine Langford aus "Tote Mädchen lügen nicht") einen Roman mit dem Titel "After" geschrieben – ohne ihre Zustimmung. Da sie ihm diesen Betrug nicht verzeihen kann, macht sie Schluss mit ihm und will keinen Kontakt mehr zu ihrem Ex-Freund. Der hat fortan zwei Probleme: Er leidet an unheilbarem Liebeskummer und er hat eine Schreibblockade. Nun, da Tessa weg ist, hat er nichts mehr, worüber er schreiben kann. 

Um sich von dem Liebeskummer abzulenken und auf neue Gedanken zu kommen, begibt er sich nach Lissabon, Portugal, da sich dort eine ehemalige Flamme von ihm befindet. 

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It's all about the looks 

Eins muss man dem Film lassen: Er ist in jeder Hinsicht ästhetisch. Die Aufnahmen der portugiesischen Strände und der Architektur Lissabons bieten 1A Postkarten-Ästhetik. Die Szenen, die in Lissabon spielen, könnten durchwegs als Werbematerial für visit portugal dienen, und eignen sich hervorragend dafür, um das eigene Fernweh zu stillen – oder zu verstärken (Manch eine:r wird nach dem Schauen des Films seinen Herbsturlaub in Portugal buchen.)!

Doch auch die Schauspieler:innen sind schlichtweg eye candy. Das mag zwar etwas despektierlich klingen, doch genau so werden Hardin, Natalie (Mimi Keene aus "Sex Education") & Co. in "After Everything" dargestellt. Sie laufen meist in so wenig Klamotten wie nur möglich herum, um so ihren muskulösen oder 90-60-90-Modelkörper zu präsentieren, der Normalmenschen richtige Minderwertigkeitskomplexe verpassen dürfte – und Teenager:innen, die die klare Zielgruppe der Buchverfilmung darstellen, ein falsches Bild davon geben, wie Körper auszusehen haben. Genau hier liegt auch schon der erste Kritikpunkt. 

Wenn euch die Handlung bei einem Film nicht wichtig ist, bitteschön! Hier geht es nur um das Visuelle. Ihr könnt den Film also auch getrost ohne Ton anschauen

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Der Inbegriff von Toxizität 

Hardin wurde in der Buchreihe als Personifikation des Bad Boy dargestellt, so auch in der Filmreihe. Über die Teile hinweg hat sich sein Verhalten zwar stets verbessert, nichtsdestotrotz ist das Auftreten von Hardin in "After Everything" noch immer so toxisch, dass man als Neuling zur "After"-Reihe nur mit dem Kopf schütteln und die Augen verdrehen kann. 

Man sieht, wie Hardin mit seiner Buch-Verlegerin Party macht und sie mit nach Hause nimmt (auch von ihrer Seite aus hochproblematisch). Es ist bekannt, dass er trockener Alkoholiker ist, doch wird nun nach der Trennung von Tessa rückfällig und man sieht ihn stets mit einem Drink in der Hand. Das Thema Alkoholismus wird dabei aber nicht weiter aufgegriffen, sondern als etwas Harmloses abgetan

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Zu guter Letzt benimmt sich Hardin wie ein rebellischer Teenager mit Liebeskummer. Das wäre insoweit noch interessant, wenn er noch ein Jugendlicher wäre, doch das ist er mit seinen ungefähr 26 Jahren ganz und gar nicht mehr. Der Protagonist verhält sich wie ein besessener Ex-Freund, der die Grenzen von Tessa nicht akzeptieren möchte und immer wieder überschreitet.

Er macht sein ganzes Glück von ihr abhängig. Da sie für ihn jedoch nicht erreichbar ist, beschließt er zu der Frau zu fahren, die er vor sechs Jahren aufs Schlimmste hintergangen und zutiefst verletzt hat, um sich dort sein Glück zu holen. Sich in purem Selbstmitleid suhlend erwartet Hardin nun, dass sie dafür sorgt, dass er sich besser fühlt. Klingt ziemlich irre, oder? Ist es auch, denn sein Plan geht auf: Natalie empfängt ihn nach erster Verwirrung über sein Auftauchen in Portugal mit offenen Armen, trotz dessen, was er ihr angetan hat. Weder entschuldigt er sich bei ihr noch führen sie ein sonstiges klärendes Gespräch. Stattdessen vergibt sie ihm einfach für sein damaliges Vergehen. 

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Immer wieder wird Hardin als Arschloch inszeniert, dem vergeben wird. Doch warum? Weil er gut aussieht? Man weiß es nicht. Durch eine unnötige Prügelei wird er schließlich als Opfer dargestellt und befindet sich von nun an auf einem etwas erzwungen scheinenden Pfad der Wiedergutmachung, in dem er sich scheinbar jetzt auf gleich zu einem Good Boy entwickelt. 

Das Schlimmste an Hardins Verhalten? Es geht auf. Am Ende bekommt er alles, was er will – ohne, dass es auch nur einmal darum geht, was Tessa möchte. Sie kommt nicht zu Wort. Indem er ihre Grenzen nicht respektiert, bekommt er sie wieder und wird so in seinem toxischen Verhalten nur bestätigt. 

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Das Anti-"Sex Education"

Sowohl die Darstellung von Gewalt, dem Umgang mit Frauen als auch sein Alkoholkonsum werden überhaupt nicht reflektiert und sind so als überaus toxisch zu bewerten. Gerade für die jugendliche Zielgruppe hat die Popkultur auch eine gewisse Vorbildfunktion, die hier schlichtweg gar nicht erfüllt wird. Stattdessen wird jungen Männern und Frauen ein völlig falsches Bild davon vermittelt, wie man mit begangenen Fehlern, Partner:innen und Konfliktsituationen umzugehen hat. 

Hier ein kleiner Tipp, was sich Jugendliche stattdessen anschauen sollten: "Sex Education" – absolut anti-toxisch und hat mindestens genauso viel Sex in sich wie "After Everything", der die heißen Träume von Jugendlichen über alle Maßen erfüllt, doch mit Aufklärung und Verständnis. Natalie aka Mimi Keene ist hier übrigens auch zu sehen, als exzentrisches und mysteriöses It-Girl ihrer Highschool namens Ruby. 

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Lohnt sich "After Everything"? 

Für Fans der Buch- bzw. der Filmreihe bietet "After 5" wahrscheinlich noch einen irgendwie befriedigenden Abschluss, doch abgesehen davon ist der Young-Adult-Film überhaupt nicht zu empfehlen. Er dreht sich im Kreis, bis er schließlich mit ein paar unoriginellen, kitschigen Gesten zu einem vorhersehbaren Ende kommt. Auch ein paar bekannte Gesichter können die schlechte Handlung nicht mehr retten.

Vor allem die Glorifizierung der toxischen Hauptfigur bzw. dessen toxischer Beziehung mit seiner "großen Liebe" Tessa ist hochproblematisch und überaus kritisch zu betrachten. Wer sich einen ästhetischen Stummfilm anschauen möchte oder eine Vorlage für "Mit den Augen rollen"-Übungen braucht, bitteschön! Alle anderen, nichts wie die Hände weg davon. 

1,5 von 5 Sternen

Für Fans von: "365 Days""Perfect Addiction" und weiteren Young-Adult-Verfilmungen