Filmkritiken

"A Fall From Grace": Eine große Liebe mit tödlichen - und unlogischen - Konsequenzen

Die junge Anwältin Jasmine (Bresha Webb) erhält einen Fall zugeteilt, von dem gerade die ganze Kleinstadt in Virginia spricht: eine Frau namens Grace Waters (Crystal Fox aus „Big Little Lies“) soll ihren Ehemann umgebracht haben, und die Volksstimmung ist aufgeheizt. In einer Radiosendung fordert eine Anruferin zum Beispiel, Grace ohne Verhandlung sofort auf den elektrischen Stuhl zu setzen und den Schalter umzulegen, weil das Prozesskosten sparen würde. Kein Wunder, dass Jasmin entsprechend aufgeregt ist; noch dazu hat sie bisher noch nie einen Mordangeklagten vertreten.

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Todesstrafe oder lebenslänglich?

Als sie dann ihrer Mandantin gegenübersitzt, erlebt sie eine Überraschung, denn Grace entspricht so gar nicht dem Bild, das sie sich von ihr gemacht hatte:  die Frau hat früher als Bankangestellte gearbeitet und ein ganz normales, ja sogar vorbildliches Leben geführt. Auch jetzt gibt sie sich sanft und freundlich, aber zugleich abweisend und ist an gar keiner Verteidigung interessiert – sie bekennt sich schuldig und verlangt als einziges Zugeständnis, in einem Gefängnis untergebracht zu werden, wo sie ihren Sohn (der seine Mutter für keine Mörderin hält) und das Enkelkind regelmäßig sehen kann. Falls sie der Todesstrafe entgeht, droht ihr trotzdem eine lebenslängliche Haft ohne Aussicht auf Begnadigung. Es wird schwer sein, zu ihr durchzudringen, um herauszufinden, wie es zu dem Todesfall kommen konnte, sollte man glauben.

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Geschichte einer missglückten Ehe

Bei Regisseur Tyler Perry („Daddy’s Little Girls“) geht jedoch alles viel zu rasch. Jasmine durchläuft im Rekordtempo eine Wandlung von der jungen Anwältin, die Zweifel an ihrem Job hat und sich überfordert fühlt zur engagierten Verteidigerin, die selber Nachforschungen anstellt. Nach dem kurzen Gespräch mit einer Freundin von Grace bringt sie die Angeklagte sofort dazu, die Wahrheit zu offenbaren. Nun setzt eine lange Rückblende ein, die höchstens durch kurze Zwischenfragen der Anwältin unterbrochen wird und wir erfahren, was eigentlich passiert ist, nachdem die geschiedene Grace den Kunstfotografen Shannon kennengelernt hat. Alles sieht zunächst nach einem echten Glücksfall aus: da haben sich offenbar zwei Seelenverwandte gefunden und der großen Liebe steht nichts mehr im Weg. Doch kurz nach der Hochzeit zeigt der Traummann sein wahres Gesicht, wird zum Haustyrannen, ist untreu und begeht sogar kriminelle Handlungen, die auf Grace zurückfallen und sie zugrunde richten können. Kein Wunder, dass sie da zur Waffe greift.

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Allerlei Wendungen

„A Fall From Grace“ spielt in einer Black Community. Da drängt sich natürlich die Frage auf, ob die Hautfarbe einen Unterschied macht. Sobald man sich das amerikanische Justizsystem und die Ausübung von Polizeigewalt ansieht, wäre es naiv, das Gegenteil zu behaupten. Trotzdem geht es hier nicht darum, Missstände aufzudecken oder die US-Rechtsprechung anzuprangern. Der Fall Grace Waters ist kein Justizskandal, sondern eine private Tragödie über betrogene Hoffnungen und das Böse im Menschen. Doch auch das ist nur ein Teilaspekt in diesem verworrenen Drehbuch. Im letzten Drittel kommt das das Rätsel einer fehlenden Leiche hinzu (ein wichtiger Umstand, der uns bisher vorschwiegen wurde); Jasmine versucht sich als weiblicher Perry Mason, um Grace vor Gericht zu verteidigen - allerdings läuft das gar nicht so gut, denn die unerfahrene Anwältin trifft eine Fehlentscheidung nach der anderen (man leidet beim Zusehen wirklich mit); und schließlich erwartet uns noch eine große Überraschung zum Finale, als Jasmine den Fall nicht etwa durch Können sondern durch puren Zufall löst.

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Anklage wegen Unglaubwürdigkeit

Der Regisseur und Drehbuchautor scheint sich nicht entscheiden zu können, ob er ein Ehedrama, eine Soap Opera, einen Gerichtsfilm oder einen Krimi erzählen möchte, und als dann die Handlung zuletzt noch in Richtung Psychothriller umkippt, tritt so viel massive Unlogik zutage, dass man das Werk beim besten Willen nicht mehr ernst nehmen wird. Höchstens Symbolwert ließe sich dem Bild zugestehen, das uns im Keller eines Hauses erwartet: die Rache der schwarzen Frau mittels Sklavenketten am weißen Establishment.  Aber das kann diesen Film auch nicht mehr retten und er hätte eine Anklage wegen Unglaubwürdigkeit verdient.   

1 ½ von 5 stattgegebenen Einsprüchen