"60 Minuten": Lohnt sich der Action-Thriller auf Netflix?
Von Franco Schedl
In unserer Rubrik "Lohnt sich das?" stellen wir euch einmal wöchentlich einen Streamingtitel (Film oder Serie), der in aller Munde ist, vor, nehmen ihn genauer unter die Lupe und stellen die altbekannte Frage: "Lohnt sich das überhaupt?" Lohnt es sich, dafür Zeit zu investieren? Ein Abo abzuschließen? Oder ein Abo zu beenden?
Diesmal: "60 Minuten" auf Netflix
Octavio steht vor dem größten Kampf seines Lebens. Sein lang erwarteter Mixed-Martial-Arts-Kampf findet ausgerechnet am Geburtstag seiner Tochter statt. Nachdem sich sein Kontrahent verspätet, wird es immer schwieriger für ihn, sein Versprechen einzuhalten, rechtzeitig bei der Feier zu erscheinen. Als seine Ex-Frau ihm mit der Entziehung des Sorgerechts droht, lässt er den Kampf kurzerhand sausen und versucht innerhalb von 60 Minuten an die andere Seite der Stadt zu kommen.
Dabei wird er von Gangstern gejagt, die viel Geld auf den Kampf gesetzt hatten und nun versuchen, Octavio zurück in die Kampfhalle zu zerren. In einer nervenaufreibenden Verfolgungsjagd muss er herausfinden, worum es wirklich im Leben ankommt.
Kampfkunst
Action-Thriller und brutale Gangsterfilme haben sich inzwischen schon im deutschen Film etabliert, doch “60 Minuten” fügt diesen Genres noch eine weitere Komponente hinzu, denn hier werden ganz besonders die Kampfszenen in den Vordergrund gerückt. Anstatt ein kurzes Aufeinander-Eindreschen, bekommt man minutenlange Sequenzen zu sehen, die unglaublich beeindruckend durchchoreografiert sind. Das Zusammenspiel zwischen Kamera und Schauspieler:innen ist auf absolutem Hollywood-Niveau. Die Kampfkunst macht hier ihrem Namen alle Ehre.
Einer der Hauptgründe, weshalb die Kampfszenen so gut sind, ist die schauspielerische Leistung von Emilio Sakraya. Seine Erfahrung in Karate und Kung Fu machen sich hier bezahlt, doch auch in den emotionaleren Momenten weiß der deutsche Shooting-Star zu überzeugen.
Schablonenhaft
Familienstreit, blutige Gesichter, rasante Verfolgungsjagden, Countdowns. Die Netflix-Produktion fährt große Geschütze auf, um das Publikum bei der Stange zu halten. Auch wenn die Ausgangssituation vielversprechend ist, verliert die Erzählung sich schon bald in einer schablonenhaften Dramaturgie. Jegliche Glaubwürdigkeit wird dem Spannungsaufbau untergeordnet, weshalb man kaum eine emotionale Bindung zu den Figuren und deren Konflikten entwickeln kann.
Natürlich liegt der Fokus des Actionfilms nicht auf komplexen psychologischen Vorgängen, aber durch die Masse an Wendungen wirkt der Verlauf der Handlung zu beliebig.
Lohnt sich "60 Minuten"?
Ganz Berlin wird hier zum Schlachtfeld. Die Verdichtung der Handlung auf 60 Minuten hilft dabei, einen spannenden Rahmen zu kreieren. Man sollte sich vom Titel jedoch nicht irritieren lassen, denn der Film dauert nicht 60, sondern knapp 90 Minuten. Actionfans dürften hier definitiv auf ihre Kosten kommen, aber hätte man sich erzählerisch mehr getraut, könnte man von einem großen Wurf des deutschen Genrefilms sprechen. So bleibt es leider bei einem turbulenten Katz-und-Maus-Spiel, das bald unter all den anderen leblosen Netflix-Produktionen in der Mediathek verschwinden wird.
2 1/2 von 5 Sternen
Für Fans von: Fast and Furios, Nur noch 60 Sekunden, Undisputed