Filmkritiken

EINE LIEBE, DIE AUF EIS GELEGT WURDE

Fast auf den Tag genau 45 Jahre sind Kate und Geoff verheiratet und die große Feier dieses eher unrunden Jubiläums ist bereits geplant, als in ihrem kleinen Haus im ländlichen Norfolk ein deutsch geschriebener Brief mit einer unglaublichen Nachricht eintrifft - sie bezieht sich auf ein tragisches Ereignis aus Geoffs Leben, das ein halbes Jahrhundert zurückliegt. Während eines Urlaubs 1962 in den Schweizer Bergen ist seine Jugendliebe Katya in eine Gletscherspalte gefallen und war seitdem verschollen. Nun hat das rapide dahinschmelzende ewige Eis die wohlkonservierte Leiche wieder freigegeben.

Obwohl das alles so lange zurückliegt, entwickelt sich diese Botschaft zu einer ernsthaften Gefährdung des Ehefriedens. Geoff versinkt immer mehr in der Vergangenheit und beginnt nachts durchs Haus zu geistern, weil er auf dem Dachboden in alten Bildern und Aufzeichnungen blättert. Bald kann seine Frau den Namen Katya nicht mehr hören. Sie reagiert so allergisch, weil sie sich durch das Verhalten ihres Mannes zurückgesetzt fühlt und annehmen muss, dass sie für ihn eigentlich immer bloß die zweite Wahl gewesen ist.

Andrew Haigh inszeniert dieses intensive (Eis)kammerspiel mit viel Gespür für sanfte Zwischentöne und legt Wert auf kleinste Details, die oft nur in flüchtigen Blicken oder angedeuteten Gesten bestehen. Das Ergebnis ist faszinierend, wäre aber natürlich ohne die beiden grandiosen Hauptdarsteller Charlotte Rampling und Tom Courtenay nicht denkbar. Zugleich kommen auch Freunde und Freundinnen der britischen Landschaft auf ihre Kosten, denn die meist nebelverhangenen Weiten Norfolks setzen hier ganz eigene Akzente.

8 von 10 unschmelzbaren Bewertungspunkten

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