Filmkritiken

EINE BESESSENE PUPPE

Bisher hat sie nur einen Ehrenplatz in der Sammlung unheimlicher Gegenstände eines Parapsychologen eingenommen. In „Conjuring – Die Heimsuchung““ war sie aber bereits drauf und dran, zu zeigen, welche bösen Kräfte in ihr stecken. Nun ist endlich ihre große Stunde gekommen: die Puppe Annabelle hat es zum Star eines ausschließlich ihr und ihren dunklen Machenschaften gewidmeten Films gebracht. Regisseur James Wan, dessen Puppenliebe (um nicht zu sagen -besessenheit) seit „Saw“ in jedem seiner Filme deutlich geworden ist, hat sich zu der ramponierten Mädchenpuppe aber komischerweise gar nicht selber eine düstere Geschichte über Spuk und Heimsuchung einfallen lassen. Auch die Regieführung wurde seinem bisherigen Stammkameramann John R. Leonetti übertragen.

Diese personellen Entscheidungen haben sich jedoch nicht nachteilig auf das Projekt ausgewirkt, ganz im Gegenteil: während bei „Conjuring“ als ermüdendes Hauptstilmittel Türengeknarre eingesetzt wurde, ist die aktuelle Geschichte wesentlich raffinierter aufgebaut und dadurch nicht allzu vorhersehbar. Für abwechslungsreiche Gruselmomente ist somit gesorgt. Außerdem bringt Leonetti durch seine frühere Profession ein gutes Auge für die richtigen Perspektiven mit.

Die Story ist in den späten 60er Jahren angesiedelt; zu einer Zeit, in der Charles Manson und seine Jünger für Schlagzeilen sorgen. Die schwangere Mia (Annabelle Wallis) hat von den Exzessen der „Family“ nur in den Fernsehnachrichten gehört, doch kurz darauf holt sie die schreckliche Realität ein, weil eines Nachts zwei Teufelsanbeter der Hausfrau und ihrem Ehemann einen blutigen Überraschungsbesuch abstatten. Damit nicht genug – obwohl beide die Nacht ziemlich unbeschadet überstehen, beginnen nun die diabolischen Heimsuchungen für das junge Paar erst richtig, wobei Puppe Annabelle als Wirtskörper für das Böse dient.

Offenbar hat es ein Dämon auf Mias Baby abgesehen und in dem neubezogenen Appartement häufen sich die lebensbedrohlichen Vorfälle. Übrigens ist dem Film nicht hoch genug anzurechnen, dass er uns - entgegen den genretypischen Vorlieben - mit allzu viel katholischem Firlefanz verschont und auch keine zünftige Exorzismus-Szene zu bieten hat: es gibt zwar einen alten Priester (dargestellt von Tony Amendola, obwohl die Rolle für einen etwas jüngeren Christopher Lee sicher auch eine nette Herausforderung gewesen wäre), doch der hält sich - dem Satan sei Dank! - fast bis zum Schluss im Hintergrund.

8 von 10 böse starrenden Puppenaugen.

(franco schedl)
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