Filmkritiken

EIN SPOTTTÖLPEL ALS TRÄGER DER REVOLUTION

Das Spiel ist aus, aber die Show muss weitergehen. In Teil drei der mit Riesenerfolg verfilmten Roman-Trilogie von Suzanne Collins stehen die Zeichen auf Krieg im Staate Panem. Da das dritte Buch fürs Kino zweigeteilt wurde, ist "Mockingjay: Teil 1" eine Art Vorspiel zum kriegerischen Finale im nächsten Jahr.

Die "Hunger Games", bei denen Jahr für Jahr jugendliche Kämpfer aus den Distrikten Panems als Tribute geopfert werden, sind vorerst Geschichte. Katniss ( Jennifer Lawrence) befindet sich, nachdem sie bei den letzten Hungerspielen erfolgreich ausgeflogen werden konnte, im zerstörten Distrikt 13, einer Rebellenhochburg, die im Untergrund zu suchen ist. In einer unterirdischen Stadt schmieden hier die resolute Alma Coin (Julianne Moore) und Plutarch Heavensbee (Philip Seymour Hoffman †) Pläne für den Sieg gegen die Diktatur des dekadenten Kapitols. Als Symbolfigur dafür soll abermals Katniss dienen. Als "Spotttölpel", ein in der Nachrichtenübertragung geübter Singvogel (engl. Mockingjay), soll sie die Revolution weitertragen. Das ist nicht der einzige Beitrag zu "Medien in Theorie und Praxis" in diesem ungewöhnlichen US-Blockbuster.

Auch wenn der reale Krieg noch aussteht, ist der Propagandakrieg längst ausgebrochen. Im Kampf der Bilder werden Katniss und der geliebte Kamerad Peeta gegeneinander ausgespielt. Letzterer befindet sich in Händen des Kapitols und bittet die Rebellen um Frieden. Diese wiederum hacken sich in die TV-Übertragung ein und schneiden Katniss beim Singen eines Revolutionsliedes ohne ihr Wissen ins Fernsehbild.

Optisch ist "Mockingjay: Teil 1" noch düsterer und hermetischer als die Vorgänger. Fast alles spielt sich in grauen Räumen und in zerbombten Städten ab. Wodurch die hervorragenden Schauspieler im Zentrum stehen.

Jennifer Lawrence wirkt im Hin- und Hergerissensein zwischen dem Überleben ihrer Liebsten und der Sache der Revolution nicht nur darstellerisch äußerst glaubwürdig, sie singt zwischendurch auch noch hinreißend. Josh Hutcherson gefällt als psychisch angeschlagener Peeta, während Liam Hemsworth als Gale weiterhin den treuen Gefährten gibt. Bemerkenswert wie immer ist Philip Seymour Hoffman, der in seiner letzten Rolle noch einmal seine zurückhaltend-zwingende Dramatik zeigt, mit lakonischer Abgeklärtheit die Fäden ziehend.

Durch die Teilung des Finales erhielt Regisseur Francis Lawrence viel Zeit, um die Geschichte zu entwickeln. Freilich bedeutet dies auch zweimal Zugang zu den Kinokassen. Aber: In zwei Stunden eine von Diktatur geschändete, zukünftige Welt im Vorfeld eines Krieges zu etablieren, bewegt wohl auch mehr in den Köpfen als ein einziger dreistündiger, mit Handlung vollgestopfter Kraftakt.

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