Filmkritiken

EIN LANDARZT AUF SIZILIEN

O-Ton Franz Kafka: „Im Kino gewesen: gelacht“. Dieses Zitat gibt uns Kurt Palm in seinem neuen Film mit dem Kerouac-verdächtigen Titel sozusagen als Resümee mit auf den Weg, aber für ihn selber könnte es eigentlich der Auslöser zu diesem Werk voll unbeschwerter Heiterkeit, unendlicher Zitierfreudigkeit und südländischem Dolcefarniente gewesen sein. Eigentlich hatte aber bereits jemand anderer vor rund 30 Jahren die Idee, Franz Kafka mit der Gegenwart zu konfrontieren, damit er sich höchstpersönlich an der Verfilmung eines seiner Texte beteiligen konnte: der deutsche Satiriker Eckhard Henscheid veröffentlichte 1982 die Erzählung „Frank Kafka verfilmt seinen Landarzt“. Palm hat allerdings von dieser doch reichlich verquasten und verquatschten Vorlage zum Glück nur die Grundstruktur beibehalten, den Hauptschauplatz der ersten Filmhälfte beispielsweise nach Wien verlegt, das Personal aufgestockt, eine kluge Rahmenhandlung dazu erfunden und als Zielort der Filmdilettanten statt Apulien gleich Sizilien gewählt.

Fünf in die Jahre gekommene GermanistikstudentInnen bringen den wiedergekehrten Kafka (Marc Fischer) dazu, mit ihnen nach Süditalien aufzubrechen, um dort besagtes Filmprojekt zu verwirklichen, was Kurt Palm natürlich ausreichend Gelegenheit für satirisch geglückte Seitenhiebe auf heimische Filmförderung und damit verwandte Themen bietet. So gut wie alle von Palms speziellen Lieblingen und Freunden erhalten die Möglichkeit zu Gastauftritten und sei es bloß für ein paar Sekunden: manchmal entstehen dadurch Situationen, bei dem einem das Lachen eher im Hals stecken bleibt - so sitzt etwa der gesundheitlich schwer mitgenommene Hermes Phettberg stumm aber eindrücklich in einem Ministerium vor der Abteilung für Ehrengräber. Der Film kann sich durchaus auch zu surrealistischen Höhen aufschwingen. Gleich zu Beginn hält der in jeder Hinsicht schwergewichtige Franz Schuh eine Kafka-Vorlesung in einem Unihörsaal, der nicht nur von Studenten sondern auch durch freilaufende Hühner bevölkert wird, während eine Simultanübersetzerin für Gehörlose auf einem Hochsitz gestikuliert.

Manchmal treibt Palms Phantasie aber allzu üppige Blüten und die Abschweifungen nehmen überhand: eine Tanzeinlage im Bollywood-Stil, der Auftritt des „Jedermann“-Todes an einem Wirtshaustisch oder ein unmotiviert singender Hubsi Kramar bieten nur ein paar Beispiele für Palms wildes Erzählen in seinem sogenannten „Roadmusical“ . Was sicher auch daran liegt, dass die Komik hier nicht kafka- sondern eindeutig kottanesk ausgefallen ist; manche Gags (wie eine Kanalratten-Fischerin oder Burka-Frauen beim Spagetti-Essen) könnten nämlich ohne weiteres aus einer alten Kottan-Folge stammen. Außerdem ist die Spielhandlung mit Monty Python-verdächtigen Animationen durchsetzt, die uns den Reiseweg der schrägen Truppe im Hippie-VW-Bus durch Italien veranschaulichen.

Als etwas nervig erweist sich ein anderes Stilmittel: Die Figuren verraten ihr angemaßtes Scheinwissen durch falsch ausgesprochene Eigennamen oder Fremdworte. Bloß wird dieser Trick der sprachlichen Entgleisung (den auch Henscheid gern bis zur Ermüdung ausreizt) etwas zu oft angewendet und wirkt bald ziemlich aufgesetzt. Zumindest einem der Chaoten hört man aber gerne beim ausufernden Schwadronieren zu: Florentin Groll ist ein herrlich redseliger und sauffreudiger Knattermime. Palm und sein Team haben sich für ihr heiteres Werk jedenfalls 8 von 10 Vorzugsjoints mit Prager Halluzinogenen verdient.

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