EIN JUSTIZPROZESS GEGEN DAS VERGESSEN
Von Katrin Froestl
Sie haben keine Ahnung was Auschwitz ist?. Es ist heutzutage undenkbar, dass ein gebildeter junger Jurist mit dem Begriff Auschwitz nichts anfangen kann. Dass dies nicht immer so war, darüber weiß man eigentlich wenig Bescheid. Regisseur Giulio Ricciarelli hat sich in seinem Debutfilm Im Labyrinth des Schweigens eben dieses Sujets angenommen und einen spannenden Spielfilm geschaffen.
Wir schreiben das Jahr 1958. Der Krieg ist vor mehr als zehn Jahren zu Ende gegangen und das deutsche Volk will vergessen, um die leidigen Kriegszeiten hinter sich zu lassen und mit Optimismus in eine glorreiche, demokratische Zukunft zu schreiten. Der junge Staatsanwalt Johann Radmann, der am Anfang seiner Karriere steht und sich zuweilen ausschließlich mit kleineren Verkehrsdelikten auseinandersetzen muss, lernt per Zufall den übereifrigen Journalisten Thomas Gnielka kennen, welcher ihn zum ersten Mal mit der Thematik von SS-Konzentrationslagern - allen voran Auschwitz - konfrontiert. Durch Gnielkas Freund Simon Kirsch, einem ehemaligen Auschwitz-Häftling, stoßen sie auf ein geheimes Kriegsdokument, das eine Namensliste von Mordtätern der SS-Riege verzeichnet. Nachdem Johann Radmann die besagte Liste dem Generalstaatsanwalt Fritz Bauer vorlegt, wird er von diesem beauftragt, die Ermittlungsleitung des Falls zu übernehmen. Ab dem Zeitpunkt beginnt der lange bürokratische und von vielen Widersachern erschwerte Weg durch ein Labyrinth, das die Weichen für die Auschwitz-Prozesse der 60er Jahre stellt.
Es ist äußerst interessant zu verfolgen, wie schwierig es war, Informationen zu den Geschehnissen des zweiten Weltkrieges in Erfahrung zu bringen. Wobei auch deutlich wird, dass viele Menschen gar nicht wissen wollten, was sich damals zugetragen hat; ganz abgesehen von jenen, die sich in den Mantel des Schweigens hüllten, um Gräueltaten zu vertuschen und die Täter zu schützen. Die Auschwitz-Prozesse sind ein Meilenstein in der Geschichte und waren maßgebend dafür, das Schweigen über die Kriegsverbrechen zu brechen.
Um einen Film zu gestalten, der trotz seiner ernsten Thematik zugleich unterhaltsam und informativ ist, hat Giulio Ricciarelli das Geschehen aus der Perspektive der fiktiven Figur Johann Radmann erzählen lassen. Man beobachtet die Entwicklung, die der Protagonist durchmacht und was es für die Psyche eines Menschen bedeutet, soviel Leid zu protokollieren. Dabei ist der eigentliche Volksheld Fritz Bauer - der seinerzeit den an dem Fall arbeitenden Staatsanwälten permanent den Rücken freihielt - in den Hintergrund getreten, was der Regisseur damit begründet, dass die erfundene Person Johann Radmann ihnen mehr Freiheiten bei der filmischen Gestaltung ließ. Dennoch betont Ricciarelli, in das Drehbuch seien einige historisch belegte Aussagen eingeflossen, um die Geschichte so unverfälscht wie möglich aufbauen zu können.
Trotz diverser Irrwege verläuft sich der Film nicht in eine Liebesgeschichte, wie das bei Spielfilmen dieser Art so oft die Gefahr ist, sondern konzentriert sich konstant auf die Dringlichkeit der Botschaft.
Man kann gegen die szenische und schauspielerische Umsetzung zwar in manchen Fällen Einspruch erheben, dennoch ist der Film gut gelungen und gewinnt somit bei uns 7 von 10 Prozessen.