Filmkritiken

EIN HUND KAM AUS DEM GRABE

Gibt es etwa gleich ein ganzes Paar Frankenstein-Würstchen? Wer Tim Burtons Werkverzeichnis durchsieht, wird merken, dass es bereits 1984 (ein Jahr nach Erscheinen von Stephen Kings „Friedhof der Kuscheltiere“ somit) einen „Frankenweenie“ aufweist. Tatsächlich plante der Regisseur schon damals einen abendfüllenden Animationsfilm über einen Jungen und dessen untoten Hund, doch Budgetknappheit ließ ihm keinen anderen Ausweg und so musste er sich mit einem kurzen Realfilm begnügen. Erst knapp drei Jahrzehnte später konnte Burton das frühere Projekt seinen Vorstellungen gemäß verwirklichen: er verwendete Stop-Motion-Technik in gruselig-schönem Schwarz-Weiß aber eher unspektakulärem 3D für seine liebevolle Hommage an die legendären Horrorfilme der 30er Jahre, in denen Boris Karloff zum besten Monster aller Zeiten wurde, Bela Lugosi noch vor Christopher Lee Blut saugte, der Wolfmensch den Mond anheulte und die gut eingewickelte Mumie durchs Bild wankte.

Daher sind der Filmzitate und Anspielungen auch kein Ende und Freunde des schwarzen Humors kommen hier voll auf ihre Kosten: Das Städtchen New Holland wird beispielsweise von einer altersschwachen Windmühle überragt, was Kenner des originalen Frankenstein-Films auf ein feuriges Finale schließen lässt; die Wiederbelebungs-Szene kopiert fast 1:1 die berühmte Sequenz aus James Whales Horror-Klassiker aus dem Jahr 1931; der reanimierte Bullterrier erblickt seinen zusammengeflickten Körper in einem zerbrochenen Spiegel und ergreift wie einstmals sein monströser Vorgänger entsetzt die Flucht; und auch die Pudel-Variante von Frankensteins Braut kann sich sehen lassen. Aber selbst wenn man die Zitate nicht erkennt, steht einem unbefangenen Filmspaß nichts im Wege.

Burton ist um innovative Mutationen nie verlegen und nachdem die Schulkollegen des 10jährigen Victor Frankenstein ihre toten Haustiere ebenfalls der elektrischen Spezialbehandlung unterzogen haben, bekommen wir es bald mit Wesen wie Mumienhamster, Wer-Ratte oder Vampirkatze zu tun; und ein etwas zeitgemäßerer Geschmack wird in Form einer Godzilla-Schildkröte bedient.

Besetzungstechnisch hat der Regisseur Neuland betreten, denn seine beiden erklärten Lieblinge Johnny Depp + Helena Bonham Carter sind nach etlichen Jahren erfolgreicher Zusammenarbeit erstmals nicht mit von der schaurigen Partie. Stattdessen leihen die ebenfalls Burton-erfahrenen Schauspieler Winona Ryder und Martin Landau wichtigen Figuren ihre Stimmen (letzterer spricht z.B. einen Physiklehrer, der dem verewigten Vincent Price wie aus dem Gesicht geschnitten ist).

Tierfreunde brauchen sich übrigens keine Sorgen zu machen: Bullterrier Sparky ist zwar in seiner neuen Existenzform ziemlich porös geworden, doch falls ein Hundeohr oder -schwanz durch Überbeanspruchung abfällt, macht das gar nichts – sein Herrchen hat immer Nadel und Faden zur Hand. In Tim Burtons skurriler Welt muss man sich einfach herrlich (un)wohl fühlen und es ist bloß schade, dass die Stop Motion-Technik nach nicht mal 90 Minuten ihre Bewegung schon wieder einstellt. 9 von 10 möglichen Halsschrauben aus der klassischen Monsterkollektion!

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