Filmkritiken

"Die versunkene Stadt Z": Der gefährliche Reiz Amazoniens

Im Auftrag der Royal Geographical Society reist der britische Offizier und gesellschaftliche Außenseiter Percy Fawcett 1906 nach Bolivien, wo er die nächsten zwei Jahre damit zubringen wird, das über weite Strecken noch unerforschte Land zu vermessen und bis an die Quellen des Amazonas vorzudringen. Die Expeditionsteilnehmer entgehen mehrmals nur knapp dem Tod, erreichen aber ihr Ziel und mehr als das – Fawcett findet nämlich Spuren einer versunkenen Zivilisation und beginnt den Indios Glauben zu schenken, die gerne von einer legendären goldenen Stadt erzählen.

Er will fortan sein Eldorado, das er etwas bescheidener bloß Z nennt, finden und - ganz unbescheiden - Weltruhm erlangen. Dabei stößt er aber auf das Unverständnis seiner Zeitgenossen: die noblen Mitglieder der Royal Geographical Society sind viel zu sehr in ihrem europäischen Überlegenheitsdünkel gefangen, um zuzugeben, dass es auch die angeblichen primitiven Ureinwohner Südamerikas zu einer Hochkultur gebracht haben könnten. Dennoch erhält der Abenteurer eine zweite Chance, doch die Expedition wird durch einen zwar großsprecherischen aber zutiefst inkompetenten Begleiter gefährdet. Fawcett verliert sein Ziel aber nie aus den Augen, und nach einem Fronteinsatz im Ersten Weltkrieg zieht es ihn in den 20er Jahren wieder nach Amazonien – diesmal sogar in Begleitung seines ältesten Sohnes, der bisher zum Vater ein eher angespanntes Verhältnis hatte.

Manische Dschungelfahrten

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Regisseur James Grey inszeniert keine Abenteuer-Action im Stil eines Indiana Jones, sondern bietet in seiner Nacherzählung der realen Begebenheiten schon eher eine Mischung aus gediegenem National Geographic-Bildungsprogramm und den manischen Dschungelfahrten eines Werner Herzogs – und wenn mitten in der grünen Wildnis plötzlich eine Opernaufführung stattfindet, erleben wir tatsächlich kurze „Fitzcarraldo“-Momente. Außerdem kommen auf kluge Weise Themen wie Eurozentrismus, Kolonialdenken, menschenverachtender Umgang mit den angeblich ‚Wilden‘ sowie Frauenemanzipation zur Sprache.

Emanzipierte Frauenhilfe

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Ebenso wichtig ist für den Mann nämlich auch die Unterstützung durch seine Frau Nina (Sienna Miller) – sie kümmert sich nicht nur um die drei Kinder und zieht sie groß, während der Papa kaum jemals zuhause ist, sondern erweist sich auch als kluge Forscherin, die ein wichtiges Dokument entdeckt, durch dessen Wortlaut die Theorien ihres Mannes untermauert werden. So fortschrittlich sich Fawcett aber auch gibt, stößt er doch in einer bestimmten Situation an seine Grenzen: als nämlich Nina gewisse Freiheiten für sich einfordert und ebenfalls an einer Expedition teilnehmen will, erweist er sich plötzlich sehr verstockt und will von einer Gleichheit zwischen Mann und Frau nichts wissen.

Pattinson im Bartversteck

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Charlie Hunnam spielt den Mann, der vom Abenteuer- und Entdeckerfieber gepackt wurde, auf sehr zurückgenommene Weise: die Figur behält - als Muster echten britischen Understatements - auch in den schwierigsten Situationen einen kühlen Kopf, spricht meist mit eindringlich leiser Stimme und besänftigt durch ein furchtlos-überlegenes Auftreten selbst die feindseligsten Stämme. Fawcetts unverwüstlichen Helfer Henry Costin verkörpert übrigens Robert Pattinson, aber der trägt in dieser Rolle einen so imposanten schwarzen Vollbart, dass manch schon ein versierter Gesichtsforscher sein muss, um dahinter zu kommen.

9 von 10 wiederentdeckten Z(=Zusage)-Punkten

franco schedl

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