Filmkritiken

"Die Insel der besonderen Kinder": Von unsichtbaren Monstern mit Appetit auf Augäpfel

Opas gruselige Gute-Nacht-Geschichten

Halbwüchsige X-Men spielen „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Damit wäre die Handlung von Tim Burton neuester Extravaganz ziemlich gut zusammengefasst. Der junge Jake (Asa Butterfield) ist mit den phantastischen Gutenacht-Geschichten seines geliebten Großvaters (Terence Stamp) aufgewachsen, in denen es um eine Insel geht, die ganz spezielle Kinder beherbergt: ein kleines Mädchen hat z.B. Riesenkräfte, ein größeres könnte einfach davonfliegen, und im Körper eines Jungen wohnen Bienen. Aber wer weiß schon, ob sie vielleicht nicht wirklich existieren? Mehr sollte man über den Inhalt gar nicht verraten, weil gerade diese Story mit völlig unvorhersehbaren Wendungen verblüfft - und recht makabren noch dazu, denn die eigentliche Bedrohung ist hier unsichtbar und hinterlässt Leichen mit leeren Augenhöhlen.

Wandelbare Darsteller

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Nachdem Burton in den letzten Jahren eher geschwächelt hat („Big Eyes“ und „Dark Shadows“ zählen sicher nicht zu seinen besten Werken), fand er in dem Autor Ransom Riggs eine verwandte Seele. Dessen Romanvorlage hält ideale Anregung für jemanden bereit, der einen Hang zum Bizarren ausleben möchte. Hervorragende Darsteller unterstützen Burton dabei: Eva Green ist als Miss Peregrine eine Art Übermutter, bei der alles auf die Sekunde genau ablaufen muss; außerdem trägt sie den lateinischen Namen des Wanderfalken nicht umsonst. Samuel L. Jackson, ein ohnehin sehr vielseitiger Darsteller, erweist sich diesmal als extrem wandelbar und hat obendrein einen ziemlich beängstigenden Look verpasst bekommen, den man so schnell nicht mehr vergisst (und das will etwas heißen, bei derart vielen seltsamen Charakteren).

Grenzgenial oder albern?

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Burton breitet eine scheinbar unerschöpfliche Fülle an phantastischen Einfällen vor uns aus, die den Zuschauer vor allem im letzten Drittel fast zu überfordern droht – man fragt sich unwillkürlich, ob das alles nun wirklich grenzgenial oder einfach nur noch albern ist. Immerhin wird leicht erkennbar, dass der Regisseur in bestimmten Szenen an große Vorbilder denkt: wenn z.B. einige alte Knochen neues Leben eingehaucht erhalten, ist das eine offensichtliche Verbeugung vor dem Stop-Motion-Zauberer Ray Harryhausen, der 1963 im Film „Jason und die Argonauten“ Skelettkrieger zum Leben erweckte. Außerdem wirkt das Ende dann etwas hastig, ja fast lieblos, zusammenbastelt und die Logik hat sich längst verabschiedet. Abgesehen davon, dass sich über Zeitparadoxien immer lange diskutieren lässt, wiegt ein anderer Umstand viel schwerer: die Eltern des Jungen werden nie wieder erwähnt und scheinen kein Mitspracherecht mehr zu haben.

Trotzdem weiß dieses Werk über weite Strecken hervorragend zu unterhalten und bietet obendrein eine Alternative zu Harry Potter oder ein gelungenes Beispiel für einen Superheldenfilm abseits des Comic-Mainstreams.

8 von 10 geschmackvollen Kinderaugen.

franco schedl

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