Die 8 Top-Serien 2018 auf Amazon Prime und 2 Flops
Von Erwin Schotzger
Netflix ist zwar die gefühlte Nummer eins in Sachen TV-Streaming, aber tatsächlich hat Amazon Prime Video (beim Marktanteil) hierzulande die Nase vorne. Aber auch wenn es um hochwertige TV-Serien geht, holt Amazon rasch auf. Im Gegensatz zu Netflix stehen Filme und Serien bei Amazon Prime nicht nur im Abo-Paket zur Verfügung, sondern können auch wie in einer Online-Videothek einzeln gekauft werden. Amazon unterscheidet Eigenproduktionen (Amazon Originals) von solchen Serien, die in den USA oder anderswo eingekauft wurden und international exklusiv von Amazon angeboten werden (Amazon Exclusives).Wir haben uns aus dem vielfältigen Angebot von Amazon Prime im Jahr 2018 zehn Serien herausgepickt, die hierzulande im Prime-Video-Abo enthalten sind: Acht Tops und zwei Flops!
Amazon Prime: Die Top-Serien des (bisherigen) Jahres
The Terror, Staffel 1
Das zehnteilige AMC-Miniserie zeigt den Überlebenskampf der Besatzungen der beiden Forschungsschiffe HMS Erebus und HMS Terror. Im Jahr 1846 wurden die Schiffe bei der Suche nach der Nordwestpassage, einem Atlantik und Pazifik verbindenden Seeweg, im nördlichen Kanada vom Packeis eingeschlossen. Was folgt ist ein nervenzerfetzendes Survival-Abenteuer mit starken Horror-Elementen und einer hervorragenden Besetzung. Bis vor wenigen Jahren fehlte jede Spur der Schiffe. "The Terror" zeichnet ein schreckliches Bild davon, was aus der Expedition unter der Führung des Polarforschers Sir John Franklin (Ciarán Hinds) geworden ist. Nichts für schwache Nerven.
Preacher, Staffel 3
Es gibt nicht viele Serien, die so durchgeknallt sind, wie "Preacher". Die Actionserie aus dem Hause AMC ist wie "The Walking Dead" eine Comic-Verfilmung, die auf Gewalt, Skurrilität und übernatürliche Phänomene setzt. Die Suche nach Gott, der aus dem Himmel verschwunden ist, macht vorerst Pause. Um Tulip zu retten, muss Jesse diesmal zu Hause in Angelville vorbeischauen. Dabei wird schnell klar, warum er von dort schon vor langer Zeit abgehauen ist. Die knallbunten Comic-Elemente von "Preacher" werden diesmal – zumindest bisher – durch düstere Horror-Elemente ergänzt. Dagegen ist nichts einzuwenden, solange sich die bunte Actionserie dadurch nicht in eine Horrorserie verwandelt. Davon gibt es schon genug. Auch die drei Hauptcharaktere scheinen sich nun schon seit längerem ein wenig ziellos im Kreis zu drehen. Doch im Gegensatz zu "The Walking Dead" schafft es die Serie auch in der dritten Staffel, die Kinnladen der Zuschauer hinunterklappen lassen. "Preacher" ist immer noch eine der verrücktesten Actionserien im TV.
Sneaky Pete, Staffel 2
In der ersten Staffel hat der Trickbetrüger Marius Josipovi (Giovanni Ribisi) die Identität seines Zellengenossen Pete angenommen, um der Rache eines cholerischen und gewaltbereiten Casino-Besitzers zu entgehen. Nachdem dieses Problem in der ersten Staffel gelöst wurde, droht neues Ungemach. Denn Pete's Mutter ist auch keine Heilige. Sie hat eine erkleckliche Summe von einem albanischen Mafiaboss gestohlen und ist seither untergetaucht. Marius ist nun mit zwei Schlägertypen konfrontiert, die ihm drohen, seine (Nicht-)Familie zu töten. Die Handlung schließt unmittelbar an die erste Staffel an, lediglich die Schlinge aus der Marius seinen Kopf ziehen muss, ist eine andere. Das schafft "Sneaky Pete" dank hervorragender Darsteller und dem gefinkelten Heist-Movie-Plot auch ein zweites Mal überraschend gut. Eine dritte Staffel ist bereits bestellt.
Cloak & Dagger, Staffel 1
Auch bei Amazon Prime dürfen Marvel-Superhelden nicht fehlen: Doch die erste Staffel von "Cloak & Dagger" (eine Fortsetzung ist bereits fix) ist nicht nur die Originstory der beiden Marvel-Helden, sondern auch ein spannender Mix aus Coming-Of-Age-Drama und Crime-Story. Serien-Showrunner Joe Pokaski, der bereits bei der Netflix-Serie "Daredevil" seine Finger im Spiel hatte, kann sich mit der Superhelden-Genese etwas Zeit lassen, weil auch der Rest der Story spannend ist. "Cloak & Dagger" fühlt sich eher wie ein Mystery-Crime-Drama an, weniger wie eine Superhelden-Serie. Das macht die Serie zu einer gelungenen Einführung der Marvel-Charaktere und einer interessanten TV-Adaption für Comic-Fans.
McMafia, Staffel 1
Schon im Intro folgt das achtteilige TV-Drama auf Basis des gleichnamigen Buches von Misha Glenny einer roten Linie rund um den Globus. Es ist die rote Linie des schmutzigen Geldes der Familie von Alex Godman. Der in England aufgewachsenen Mittdreißiger stammt aus einer russischen Mafia-Familie im britischen Exil. Unabhängig von den illegalen Machenschaften seiner Familie hat er sich ein eigenes, legales Geschäft aufgebaut. Doch dann wird er in einen blutigen Konflikt mit einer verfeindeten Mafia-Familie hineingezogen. Der Versuch, der Verstrickung in diese Fehde gegenzusteuern, führt Alex rund um den Globus von London über Prag, die Cayman Islands und Dubai bis ins indische Mumbai. Dabei besticht "McMafia" – abgesehen von den persönlichen Dramen – vor allem durch die eindrucksvoll an Originalschauplätzen gefilmte Darstellung der Vernetzung des organisierten Verbrechens im globalen Finanzkapitalismus. Eine zweite Staffel wurde kürzlich in Auftrag gegeben.
The Looming Tower, Staffel 1
Das zehnteilige TV-Drama arbeitet die Ereignisse im Vorfeld der Terroranschläge auf das World Trade Center vom 11. September 2001 auf. Als Basis der Geschichte dient das mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnete gleichnamige Buch von Lawrence Wright. Jeff Daniels spielt den geschassten FBI-Agenten John O'Neill. Der Experte für Terrorismusbekämpfung war Al-Kaida und Osama Bin Laden auf der Spur. Seine oft aggressiv vorgetragenen Ansichten wurden aber nicht beachtet. Er verließ daher das FBI und heuerte wenige Wochen vor den Terroranschlägen als Sicherheitschef des World Trade Centers an. Dort starb er als die Türme kollabierten. "The Looming Tower" vereint die Detailgenauigkeit und Informationsdichte einer Reportage mit Drama und Spannung eines Politthrillers.
Ash vs. Evil Dead, Staffel 3
Die dritte Staffel der Serien-Fortsetzung von "Tanz der Teufel" ist leider auch das Ende der bluttriefenden Rettung der Welt vor dem abgrundtief Bösen durch Bruce Campbell in der Rolle von Ash Williams. Der US-Sender Starz hat die Serie leider eingestellt. Doch es ist auch diesmal wieder ein Splatter-Spektakel, wenn Ash zum letzten Mal seine Motorsäge anwirft, um Horden von Dämonen blutspritzend zurück in die Hölle zu befördern. Das tut er wie immer mit gewohnter Routine und einem makaber-chauvinistischen Scherz auf den Lippen. Ein Pflichttermin für Splatter-Fans!
Fear the Walking Dead, Staffel 4
Die vierte Staffel ist eine Art Neustart für die Spin-Off-Serie von "The Walking Dead". Die neuen Showrunner Andrew Chambliss und Ian Goldberg haben neue Charaktere eingeführt und bei den bestehenden einige kluge Anpassungen vorgenommen, um sie sympathischer zu machen. Einer der Neuzugänge ist ein alter Bekannter, nämlich Morgan (Lennie James) aus der Originalserie. Die ersten drei Staffeln litten an ähnlichen Problemen wie das Original. Doch mit den Neuerungen in der vierten Staffel scheint die Spin-Off-Serie das Original bei Charakterentwicklung, Dialogen und Plots immer mehr zu übertreffen. Zugegeben, das ist angesichts des grottenschlechten Niveaus von "The Walking Dead" keine Kunst, aber doch eine positive Überraschung. Es bleibt zu hoffen, dass "Fear the Walking Dead" nicht wieder in das abgedroschene Fahrwasser der Originalserie abdriftet.
Amazon Prime: Die Flop-Serien des (bisherigen) Jahres
Philip K. Dick's Electric Dreams, Staffel 1
Eine Anthologie-Serie auf Basis der Kurzgeschichten von Science-Fiction-Legende Philip K. Dick klingt zunächst wie eine großartige Idee. Der britische Sender Channel 4, der die Serie gemeinsam mit Amazon produziert, hatte schon zuvor mit "Black Mirror" eine packende Anthologie produziert. "Electric Dreams" erschien daher auch als eine Antwort auf die Übernahme von "Black Mirror" durch Netflix. Die Erwartungen waren hoch. Doch das Ergebnis ist leider sehr durchwachsen: Manche Episoden wie "Autofac" (basierend auf der 1955 erschienenen Kurzgeschichte "Krieg der Automaten") bieten eine spannende Science-Fiction-Story, andere wie "Crazy Diamond" mit Steve Buscemi (basierend auf der 1954 erschienenen Kurzgeschichte "Die todsichere Masche") sind bestenfalls durchschnittlich. Doch irgendwie mangelt es allen Episoden an einer brennenden gesellschaftlichen Relevanz, gerade im direkten Vergleich mit "Black Mirrors".
Woran das liegt ist schwer auszumachen: Die Besetzungsliste ist vielversprechend und die Themen, die Philip K. Dick zu Kurzgeschichten verarbeitet hat, sind – mehr oder weniger – auch heute noch aktuell. Dennoch wirken die Episoden von "Electric Dreams" mehr wie fantastische Geschichten aus der Vergangenheit, weniger wie faszinierende Visionen einer tatsächlich möglichen (nahen oder fernen) Zukunft.
UnReal, Staffel 3
"Unreal" erzählt von den Dramen, die sich hinter den Kulissen der Dating-Realityshow "Everlasting" abspielen. In der ersten Staffel hat die Serie dabei dank einer nuancierten Charakterentwicklung und hervorragender Besetzung viel Potenzial gezeigt. Doch schon in der zweiten Staffel ist die viel gelobte Darstellung der beiden überforderten und frustrierten Hauptfiguren –Produzentin Rachel (Shiri Appleby) und ihre Chefin Quinn (Constance Zimmer) – zu einer stetigen erzählerischen Gratwanderung geworden, die schnell in vorhersehbare Klischees abdriften kann. Das Finale der zweiten Staffel hätte Gelegenheit für eine Kurskorrektur geboten. Doch es scheint auch in der dritten Staffel keine echte Weiterentwicklung der Charaktere zu geben, die so ziellos wie die Serie selbst erscheinen. So verkommt das TV-Drama immer mehr zur vorhersehbaren Seifenoper.
Erwin Schotzger