Filmkritiken

"Detroit": Polizeiwillkür mit Todesfolgen

Gerade in den letzten Jahren haben sich in Amerika Vorfälle gehäuft, bei denen unbewaffnete Schwarze von Polizisten erschossen wurden. Kathryn Bigelow wurde dadurch an einen wahren Fall von rassistisch motivierter Polizeiwillkür erinnert, der sich vor einem halben Jahrhundert zugetragen hat.

Ausnahmezustand

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Die Stimmung ist aufgeheizt, Gebäude stehen in Flammen, Geschäfte werden geplündert, Schüsse fallen, die Nationalgarde rückt aus – im Sommer des Jahres 1967 herrscht in Detroit der Ausnahmezustand: es kommt zu mehrtägigen Rassenunruhen, denn die schwarze Bevölkerung lehnt sich gegen die fortgesetzte Diskriminierung auf. In diesen chaotischen Zeiten braucht es nur eines geringen Anlasses, um die Situation vollends eskalieren zu lassen, vor allem, wenn Polizisten wie der junge Philip Krauss (Will Poulter) auf die Stadt und ihre Bewohner losgelassen werden.

Menschen in Todesangst

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Am selben Tag hat der Streifencop bereits einem harmlosen schwarzen Plünderer, der mit einer Tüte voll Lebensmitteln davongelaufen ist, einen tödlichen Schuss in den Rücken verpasst, aber erst nach Einbruch der Dunkelheit wird er zur Hochform auflaufen und gemeinsam mit zwei Kollegen im 'Algiers Motel' eine Gruppe von Menschen – sieben schwarze Männer und zwei weiße Mädchen – in Todesangst versetzen: die angeblichen Verdächtigen werden beschimpft, bedroht, geschlagen und mit dem Umbringen bedroht - und ein paar von ihnen finden in dieser Nacht tatsächlich den Tod.

„Lass die Ereignisse einer Minute nicht dein ganzes Leben zerstören“ gibt Krauss einem Kollegen und Komplizen später mit auf dem Weg, weil er auch seine eigene Haut retten möchte. Daran, dass er durch sein Verhalten die Leben etlicher Menschen gravierend geschädigt hat, lässt dieser Film keinen Zweifel.

Ein Vorzeigebösewicht

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Zugleich entgeht „Detroit“ allerdings nicht ganz der Gefahr einer parteiischen Schwarz-Weiß-Zeichnung und verdichtet alles Üble in der Figur des Polizisten Krauss, der so zum Vorzeigebösewicht wird. Natürlich gibt es daneben auch hilfreiche Ordnungskräfte, die einem zusammengeschlagenen Schwarzen die Flucht ermöglichen, während andere einfach vorsätzlich wegschauen, weil sie in keine Scherereien hineingezogen werden wollen. Rassismus, gefährliche Dummheit und Feigheit haben hier für eine Tragödie gesorgt - und was fast noch schlimmer ist: dieses Verhalten wird von offizieller Seite gedeckt, denn falls die drei Polizisten für ihre Taten einmal tatsächlich zur Rechenschaft gezogen werden, kann man ganz sicher mit einem milden Urteil rechnen.

Intensive Inszenierung

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Kathryn Bigelow setzt wieder ausschließlich Handkameras ein, mit denen sie uns direkt und ganz nah ans Geschehen heranbringt. Dabei verzichtet sie in einer ziemlich langen Exposition auf Hauptpersonen, sondern entwirft mit wahrer Meisterschaft durch häufigen Schauplatz- und Figurenwechseln und mittels eingeblendeter Originalberichte ein überzeugendes Bild der Zustände im Juli 1967. In der zweiten Filmhälfte konzentriert sich die Handlung dann auf die Vorfälle im Motel und gerade hier wird sich das Unbehagen der Zuschauer fast bis zur Unerträglichkeit steigern.

9 von 10 un-willkürlichen Protestpunkten

franco schedl