DETEKTIVSPIEL ÜBER DEN WOLKEN
Von Franco Schedl
Der künftige Held wird nicht gerade sehr vielversprechend eingeführt: in seinem Wagen auf dem Flughafenparkplatz leert der mitgenommen wirkende Mann hektisch einen Becher mit Hochprozentigem, wodurch uns sofort klar ist, dass unsere Hauptfigur ein massives Alkoholproblem hat und unter enormer Anspannung steht. Während dann der Flug nach London über die Startbahn rollt, macht der Mann erst recht einen kläglichen Eindruck und klammert sich panisch an der eigenen Sitzlehne fest. Wenig später zieht er sich noch auf die Toilette zurück, um dort eine höchst unerlaubte Zigarette zu rauchen.
Alles in allem sind das ziemlich seltsame Verhaltensweisen für einen Air Marshall und eben diesen Beruf übt Liam Neeson in seiner neusten Rolle auch aus. Aber dieser Flug hält noch ganz andere Belastungsproben für den Mann parat: als sich ein unbekannter Erpresser über das interne Netzwerk der Maschine durch Textnachrichten mit ihm in Verbindung setzt, wird es richtig gefährlich.
Irgend ein Mitpassagier versucht hier ein ganz übles Spiel durchzuziehen und fortan ist niemand an Bord mehr seines Lebens sicher, denn alle 20 Minuten soll es einen neuen Toten geben, falls nicht eine Riesensumme auf ein bestimmtes Konto überwiesen wird. Tatsächlich geht die Androhung nach exakt 20 Minuten auf äußerst überraschende Weise in Erfüllung und der Countdown für den nächsten Todesfall läuft. Damit das Flugzeug wieder in einem Stück auf die Erde zurückkehren kann, muss Air Marshall Bill Marks seinen ganzen nüchternen Scharfsinn aufbieten. Noch dazu hat der (oder die?) Kriminelle alles so arrangiert, dass die Belastungsbeweise auf Marks selbst deuten. Liam Neeson verkörpert den Polizisten der Lüfte als echtes Raubein: er hält sich nicht mit Höflichkeiten auf, sonder packt lieber gleich unsanft zu, wenn er es für geboten hält - und um bei seinem raffinierten Gegner nicht den Kürzeren zu ziehen, ist das sehr oft der Fall.
Non-Stop präsentiert sich eigentlich als klassisches Locked Room-Mystery, bloß dass diesmal Täter, Detektiv und Opfer alle zusammen im selben Raum gefangen sind, denn das tödliche Ratespiel findet unter sehr beengten Verhältnissen in 12.000 Metern Höhe statt. Die Lösung des Rätsels wirkt dann jedoch ziemlich an den Haaren herbeigezogen und hält einer logischen Prüfung kaum Stand. Der tatsächliche Ablauf der Ereignisse wäre unmöglich so exakt vorauszuplanen gewesen; auch die Durchführung von einem der Morde bleibt ein völliges Rätsel, da sich zum Tatzeitpunkt alle Verdächtigen auf einem Fleck befunden haben. Darauf hier noch näher einzugehen, ist leider nicht möglich, denn es soll natürlich weder verraten werden, WER stirbt, noch auf welche WEISE (und erst recht nicht, durch WESSEN Hand). Abgesehen von den paar logischen Schönheitsfehlern, die sich erst in der Rückschau erschließen, entwickelt die Geschichte aber eine unglaubliche Spannung und hält praktisch alle paar Minuten neue überraschende Wendungen bereit. Als scheinbar hilfsbereite Sitznachbarin des Air Marshalls treffen wir übrigens auf die großartige Julianne Moore, doch sie könnte vielleicht auch die teuflische Urheberin des Komplotts sein, da sich hier wirklich Jeder verdächtig macht. 8 von 10 Begeisterungsloopings