Filmkritiken

DER TRAUM VON NEUEN WELTEN

Überraschend wenig vertraut ist man mit deutscher Geschichte aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Bei Edgar Reitz kann man nun zu den 1840er-Jahren Nachhilfe nehmen. Als eine Art Prequel zu seiner Mini-TV-Serie „Heimat“ (1984), die die Jahre 1918 bis 1982 behandelte, rückt Reitz wieder das Dorf Schabbach im Hunsrück in den Erzählmittelpunkt.

In glasklaren, schwarz-weißen Bildern – manchmal mit zarten Farbtupfern versehen – eröffnet sich das Schicksal von Jakob Adam Simon im dörflichen Umkreis von Schabbach. Als Sohn des armseligen Schmiedes ärgert er seinen Vater mit literarischen Ambitionen und träumt ausufernd von den neuen Welten Südamerikas. Jakobs großes Bestreben ist es, nach Brasilien auszuwandern und die Mühen des Hunsrücker Alltags hinter sich zu lassen.

Reitz erzählt mit poetischer Schönheit, historischer Detailgenauigkeit und dem unangestrengten Gestus eines dezidiert fiktiven Chronisten. Besonders der erste Teil seiner 225 Erzählminuten, die irgendwo zwischen Spielfilm und Serien-Format eingebettet liegen, verzichtet auf strengen Handlungsfortschritt und entfaltet dafür die seltsam schwere Leichtigkeit eines Tagtraums.

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