DER TOD ALS BESTE LÖSUNG
Von Alexandra Seibel
Wer sich den gemeinsamen Liebestod romantisch vorstellt, liegt bei Jessica Hausner falsch. "Amour Fou" ist entgegen seinem Titel weder schwärmerische Herzensangelegenheit, noch verborgenes Liebesgestammel und schon gar nicht leidenschaftliche Umarmung. Vielmehr handelt es sich um Verblendung seitens der Frau, Lebensüberdruss seitens des Mannes.
Jessica Hausners erster, sorgfältig ausgestatteter Kostümfilm, hatte heuer in Cannes Premiere und handelt vom gemeinsamen Freitod Heinrich von Kleists 1811 mit der verheirateten Ehefrau und Mutter Henriette Vogel.
Der große deutsche Dichter, über den Goethe einst befand, er sei von einer unheilbaren Krankheit ergriffen, ist bei Hausner ein narzisstischer Grübler, der verzweifelt eine Sterbensgenossin sucht. Zuerst fragt er seine Cousine, doch diese lehnt empört ab. Henriette ist nur Heinrichs nächstbeste Wahl.
Das strenge Gefüge einer starren Gesellschaft erzählt Hausner in klaren, aufgeräumten, beinahe unbeweglichen Bildern. Die unruhigen Muster auf Tapeten und Teppichen verraten dabei mehr Temperament als Gesichter, (unterdrückte) Gefühle manifestieren sich in der Farbwahl der Kleider.
Hausner fördert in ihrem implodierenden, exquisiten Melodram dort sublime Komik zutage, wo sich die Romantik entzaubert. Ob sie mit dem Dichter leben möchte, will Henriettes Ehemann einmal wissen. "Nein", antwortet diese empört: "Er denkt nur an sich." Und an den Tod.