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DC vs. Marvel: Warum die DC-Superhelden im Kino nicht überzeugen

Superman und Batman waren zuerst da. Aber letztendlich obsiegen Spider-Man und Iron Man im Kampf um die Dollars der Fans. Das war schon immer so, nicht nur im Kino. DC-Helden haben nicht das erste Mal einen Weg aufgezeigt, den dann die Helden von Marvel viel erfolgreicher beschritten haben. Dieses Schicksal verfolgt DC offenbar seit der Gründung von Marvel im Jahr 1961. Die Superhelden von DC gehörten damals alle schon zur alten Garde, in Comic-Kreisen spricht man vom Golden Age. Dann kam Stan Lee und machte plötzlich coole, oft auch jugendliche Charaktere mit Alltagsproblemen zu Superhelden. Binnen weniger Jahre hatte Marvel bei den Fans die Nase vorne. Mit dem Silver Age begann auch der legendäre Beef zwischen DC und Marvel, der bis heute anhält.

 

DC vs. Marvel im Kino

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Seit 2008 wiederholt sich die Geschichte im Kino. Im selben Jahr landete DC mit "The Dark Knight", dem zweiten Teil der Batman-Trilogie von Christopher Nolan, einen Mega-Hit an den Kinokassen. Der Batman-Film war der erste Superhelden-Film und der zweite Film überhaupt (nach Titanic), der über 500 Mio. Dollar in den USA einspielte. Mit 533 Mio. Dollar an den US-Kinokassen lag DC mit Abstand vor dem zweitbesten Film des Jahres 2008: Iron Man hatte mit 318 Mio. Dollar einen fulminanten Start für das Marvel Cinematic Universe (MCU) hingelegt. Doch dann begann sich das Blatt zu wenden. Während die Marvel-Superhelden sich von einem Kino-Blockbuster zum nächsten kämpften, ging DC nach Nolans "The Dark Knight Rises" (2012) die Luft aus.

Marvel legte die Strategie genauso an wie damals bei den Comic-Heften: Die einzelnen, für sich stehenden Geschichten finden in einem gemeinsamen "Marvel-Universum" statt. Das öffnet nicht nur Tür und Tor für die bei Fans beliebten Cross-Overs verschiedener Helden, sondern ermöglicht auch ein aufbauendes Story-Telling von Iron Man (2008) über "Guardians of the Galaxy" (2012) bis zu "Avengers: Infinity War" (2018).

Doch warum klappte bei Marvel, was bei DC so offensichtlich scheiterte?

 

1. Green Lantern war ein Mega-Flop

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Es dauerte nicht lange bis DC das Erfolgskonzept von Marvel aufgriff. Drei Jahre nach Iron Man sollte "Green Lantern" der Auftakt für das Kino-Universum von DC werden, das später den inoffiziellen Namen DC Extended Universe (DCEU) bekam. Doch der Film floppte an den Kinokassen ebenso wie bei den Fans fürchterlich. Bei Superhelden-Nerds gilt "Green Lantern" als Epic Fail der Superhelden-Verfilmung, obwohl dies wohl auch auf den Running Gag der Nerds von "The Big Bang Theory" zurückzuführen ist. Auf so einem Misserfolg sollte das DCEU nicht aufgebaut werden. Ein neues Konzept musste her.

 

2. Zack Snyder hatte zu viel Einfluss

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Dann kam Zack Snyder. Und genau das war wohl auch der Ursprung allen Übels. Snyder hatte mit der Neuverfilmung von George A. Romeros "Dawn of the Dead" und der Verfilmung von Frank Millers Graphic Novel "300" eine kleine, aber feine Fangemeinde aufgebaut. Für DC hatte er 2009 auch schon einen Achtungserfolg mit der düsteren Superhelden-Geschichte "Watchmen" von Alan Moore erzielt. Sein Superman-Reboot "Man of Steel" wurde 2013 zum offiziellen Start des DCEU. Die Tonalität des Films war ähnlich düster wie die von Frank Miller inspirierten "Dark Knight"-Filme von Nolan. Aber dazu später.

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Viel schwerer wiegt, dass Snyder auch die Charakterisierung des Helden und die zweite Hälfte von "Man in Steel" (2013) in den Sand gesetzt hat. Superman ist eigentlich DC's idealistischer Captain America, der moralische Leuchtturm und Gegenpol zum düsteren Anti-Helden Batman. Aber Snyder macht auch ihn zu einem tragischen Anti-Helden, der am Schluss General Zod tötet. Noch dazu beginnt der Showdown des Films schon in der Mitte. Nach einer guten Originstory muss man eine gefühlte Ewigkeit zusehen wie sich Kryptonier durch einstürzende Wolkenkratzer prügeln.

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In "Batman vs. Superman" (2016) wurde es nur noch schlimmer. Kryptische Rückblicke und mystische Visionen waren als Easter Eggs für kommende Filme gedacht, führten aber nur zu einem verworrenen Story Telling. Die Charaktere wurden höchst fragwürdig dargestellt. Der "Martha"-Moment zog zurecht eine Welle des Spottes in der Fan-Community nach sich und reduzierte die Freundschaft der beiden wichtigsten DC-Superhelden auf den Vornamen ihrer Mütter. Und reden wir nicht über Lex Luthor.

Spätestens als Snyder bei "Justice League" (2017) aufgrund einer Familientragödie die Regie an Joss Whedon abgeben musste, wurde es überdeutlich: Das DCEU war zur Spielwiese eines einzelnen Regisseurs geworden.

 

3. DC fehlt ein Mastermind wie Kevin Feige

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Denn bei DC gab es kein kontinuierliches Korrektiv im Management von DC oder Warner Bros. Offenbar hatte niemand einen echten Plan wie es im DCEU laufen soll. Drei von fünf DCEU-Filmen stammen von Zack Snyder. "Suicide Squad" und "Wonder Woman" (2017) sind damit nur lose verknüpft. Es gibt keine Roadmap für das DCEU außerhalb des Kopfes von Snyder. Und die von den Snyder-Filmen festgelegte düstere und eher auf ein erwachsenes Publikum zielende Atmosphäre steht einer gelungenen Charakterisierung der meisten DC-Helden im Weg. Es gibt wenig Spielraum für Humor, Ironie oder auch nur Genre-Variationen wie bei Marvel-Filmen.

Marvel hatte schon seit dem Jahr 2000 mit Kevin Feige einen kontinuierlichen Mastermind für seine Film-Produktionen etabliert. Bei DC gaben sich die Manager die Klinke in die Hand. So konnte das DCEU – ganz anders als bei Marvel – zum Sandkasten eines einzelnen Regisseurs werden. Aus der Sicht des DC-Managements nachvollziehbar: Immerhin hat dieses Konzept bei der Batman-Trilogie von Nolan für DC gut funktioniert. Aber bei genauer Betrachtung ist dieses Writer/Director-Konzept ein Widerspruch zu einem breit angelegten "Shared Universe"-Konzept, das die Arbeit unterschiedlicher Regisseure zu einer mehr oder weniger zusammenhängenden Meta-Story in einer konsistenten Welt zusammenfügen muss.

 

4. Die düstere Tonalität passt nicht zu den DC-Helden

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Snyder hat das DC-Management (bei Marvel würde hier der Name Kevin Feige stehen) wohl durch seinen düsteren Zugang überzeugt, der im Wesentlichen den Look & Feel der Batman-Trilogie von Nolan kopiert. Aber "kopiert" ist wohl überspitzt ausgedrückt, denn Snyder hat auch schon bei "300" und "Watchmen" seine Vorliebe für grimmige Szenarien, düstere Atmosphäre und ein erwachsenes Publikum gezeigt. Die Fehleinschätzung lag wohl darin, in diesem auf Batman zugeschnittenen düsteren Look & Feel ein bewährtes Erfolgskonzept für alle DC-Helden zu sehen. Doch die meisten DC-Superhelden funktionieren völlig anders als Batman. Sie sind nicht grimmig und zynisch, sondern eher strahlend und idealistisch. Im Gegensatz zu Batman könnten Superman, Wonder Woman, Flash und Green Lantern durchaus Farbe und Humor, ja sogar Ironie, vertragen. Snyders düsterer Ansatz war aber nicht im Geringsten ironisch gedacht.

 

Nicht cinematic genug

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Nicht "cinematic" genug sind die DC-Helden, meinte der Comic-Superstar Mark Millar in einem Interview. Bei Marvel steht immer die Persönlichkeit des Helden im Mittelpunkt, seine Alltagsprobleme trotz Superkräften. Bei DC dreht sich – mit Ausnahme von Batman – immer alles um die Superkräfte: Was wäre, wenn jemand mit einem grünen Ring seine Gedanken in reale Formen gießen könnte? Was wäre, wenn eine archaische Amazone auf die moderne Männerwelt treffen würde? Was wäre, wenn ein allmächtiges Alien als das Idealbild des US-Amerikaners aufwachsen würde? DC-Helden basieren auf naiven Fantasien aus den 40er-Jahren des vorigen Jahrhunderts, meint Millar.

Da ist schon etwas dran. Doch diese Kritik lässt außer Acht, dass in den vergangenen 20 Jahren zahlreiche Autoren an der Charaktertiefe der klassischen DC-Helden gearbeitet haben. Allen voran Geoff Johns, der vor allem das "Green Lantern"-Universum enorm vertieft und bereichert hat.

Seit 2016 übernahm Johns, einer der kreativsten Comic-Autoren von DC, die Koordination der DC-Filmproduktionen. Doch kürzlich legte Johns alle Agenden in diesem Bereich zurück, um sich dem Reboot des "Green Lantern"-Franchise zu widmen. Gut für den angekündigten Film "Green Lantern Corps", aber eher schlecht für das ohnehin schon strauchelnde DCEU.

DC steht damit wieder am Anfang und ohne einen Mastermind wie Kevin Feige da. Solange das so bleibt, wird DC wohl aus der Not eine Tugend machen und auf das Gegenmodell zu Marvel setzen: Von einzelnen Regisseuren getriebene Filme, die für sich alleine stehen.

 

Erwin Schotzger