Filmkritiken

BUSINESS MADE IN AMERICA

Zu den gehetzten Filmemachern zählt Andrew Dominik auf keinen Fall: wenn es sich nicht absolut vermeiden lässt, verzichtet er lieber auf den Knochenjob der Dreharbeiten; und deshalb legt der 1967 in Neuseeland Geborene mit „Killing them softly“ erst seinen dritten Film vor. Sobald er aber seine Trägheit erst mal überwunden hat, bringt er ganz Erstaunliches zustande, so wie vor 5 Jahren das unerhört authentisch wirkende Western-Drama „Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford“. Auch diesmal hat Brad Pitt wieder die Hauptrolle übernommen und spielt erneut einen Charakter, der sich mit Handfeuerwaffen bestens auskennt.

Zwei unbedarfte Kleinkriminelle bestehlen in New Orleans illegale Pokerspieler und versetzen dadurch das Gangstersyndikat der Stadt in Aufruhr. Ein Profikiller namens Cogan wird engagiert, um herauszufinden, wer eigentlich hinter dem Überfall steckt und die Schuldigen zu eliminieren. Dieser von Pitt dargestellte Mann vertritt noch ganz altmodische Ansichten, was die Regeln der Unterwelt betrifft und wirkt tatsächlich wie ein Relikt aus einem Amerika der großen Gangsterkriege.

Dominiks Film basiert auf dem bereits 1974 erschienenen Roman „Cogan’s Trade“ des eher vergessenen Krimiautors George V. Higgins. Allerdings wurde die Handlung ins Jahr 2008 verlegt und die Parallelen zur aktuellen Finanzkrise sind unübersehbar: hier führt das organisierte Verbrechen einer Stadt stellvertretend für ein ganzes Land vor, was es heißt, wenn ein wirtschaftliches Systems zusammenzubrechen droht. Die zeitliche Verortung im Herbst 2008 ergibt sich vor allem durch ständig als Hintergrundberieselung über Radio oder Fernsehen erklingende Politikerreden (wobei die Stimmen mal Bush gehören, dann wieder McCain oder Obama, mit dessen Wahl der Film auch endet). Diese „offiziellen“ Verlautbarungen werden oft von den Figuren direkt kommentiert bzw. ad absurdum geführt und ergeben einen unfreiwillig bissigen Kommentar zum Geschehen. Es läuft auf die Erkenntnis hinaus, dass Amerika kein Land, sondern ein Unternehmen ist, in dem alles und jedes seinen Preis hat und die meisten als Verlierer aussteigen.

Dominik ist wie immer ein Genauigkeitsfanatiker, wodurch sich vermutlich auch seine langsame Arbeitsweise erklärt: so musste das Erscheinungsbild des noch unter den Nachwirkungen von Hurrikane Katrina leidenden New Orleans exakt rekonstruiert werden. Auch bei der Besetzungsliste machte es sich der Regisseur nicht leicht und vergab die meisten Rollen an bereits aus Mafia- und Gangsterfilmen einschlägig bekannte Darsteller. Allen voran „The Sopranos“-Oberhaupt James Gandolfini, der hier als Auftragskiller seinen Liebeskummer wortreich in Alkohol ertränkt; und Ray Liotta erhält - nach dem Motto: kurz aber unvergesslich - seit „Goodfellas“ endlich wieder die Gelegenheit zu einem würdigen Auftritt, denn die Misshandlungen, denen seine Figur ausgesetzt ist, wurden von Dominik mit geradezu liebevoller Sorgfalt und großem Aufwand inszeniert.

Eigentlich müsste der Film mit seinen langen pointierten Dialogpassagen und wohlgesetzten Gewalt-Sequenzen von einem unerwartet sozialkritisch veranlagten Tarantino stammen. Da die Produktionsfirma der Weinstein-Brüder dahintersteckt, erhält dieser Eindruck gleich noch mehr Gewicht. Hoffentlich investieren die beiden ihr Geld weiterhin so geschickt und Andrew Dominik lässt uns nicht wieder 5 Jahre auf sein nächstes Werk warten. Sein Film hat sich jedenfalls die Höchstwertung verdient: 10 sanft abgefeuerte Stahlmantelgeschosse.

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