BLUTLEERES HALBFINALE
Von Franco Schedl
Erleidet Bella einen Nervenzusammenbruch? Kollabiert Edward aus Blutarmut? Oder stürzt Werwolf Jacob bei einem nächtlichen Ausflug über eine Baumwurzel? Bei diesem Titel ist alles möglich. Ach so, da steht ja gar nicht Breaking Down! Was doch ein kleiner falscher Vokal für weitreichende Assoziationen auslösen kann, die auch eindeutig das bessere Handlungspotential geboten hätten - so dämmert halt bloß wieder ein neuer Tag im dunklen Romanzenland (allerdings noch immer nicht der letzte, weil das Finale ganz Potter-mäßig im Doppelteil daherkommt).
Nicht umsonst endete der Vorgängerfilm mit einem Hochzeits-
versprechen und daher wird zum Auftakt erstmal ausgiebig geheiratet - wobei das Wort 'ausgiebig' noch eine Untertreibung darstellt: die Zeremonie dauert so lange, dass man als Zuschauer locker nebenher die Blüten des aufgehäuften Blumenschmucks nachzählen könnte und gnadenlos bleibt uns wirklich kein Trinkspruch erspart.
Die anschließenden Flitterwochen führen das ungleiche Paar überraschenderweise nicht nach Transsylvanien, sondern bloß auf eine einsame Insel vor Rio, wo nun endlich all das passieren darf, worauf halbwüchsige Twilight-Fans die vorigen drei Filme über sehnsuchtsvoll gewartet haben. Da diese Aktivitäten auch nicht ohne Folgen bleiben, finden wir uns umgehend mit der biologischen Absonderlichkeit konfrontiert, dass eine Menschenfrau durch einem Vampir schwanger werden kann und dabei keineswegs von der beängstigenden Frage geplagt wird, ob das in ihrem Leib in Rekordzeit heranwachsende Kind nicht binnen weniger Wochen unstillbare Lust nach dem Blut der Mutter verspürt.
Möglicherweise reizten den neu in der Saga-Welt etablierten Regisseur Bill Condon gerade solche Probleme, da er bereits 2004 als Urheber des Films Kinsey sein Interesse für amerikanisches Sexualverhalten bekundet hatte.
Trotz Bellas Unerschrockenheit verläuft die Zeit zwischen Empfängnis und Geburt nicht nur im Geschwindschritt (auf Filmzeit umgerechnet dauert die Hochzeit vermutlich länger als die Schwangerschaft), sondern vor allem problematisch und bei der Geburt des außergewöhnlichen Mädchens, das den Namen Renesmee erhält, treten schwere Komplikationen auf, weshalb Bella endlich in den Genuss kommt, die Zähne ihres Geliebten an allen möglichen und unmöglichen Stellen zu spüren.
Abgesehen von etwas Gerangel mit den Werwölfen ist damit die erste Hälfte des Finales erschöpfend widergegeben mehr passiert wirklich nicht, das aber in endloser Länge. Besonders durch die mehrfache Widergabe von Gesichtsausdrücken geht viel Zeit verloren, obwohl alle Beteiligten ohnehin nur über ein streng begrenztes Repertoire verfügen: Bellas Polizisten-Papa schaut betreten drein, ihre Mutter tupft sich pausenlos Freudentränen aus den Augen, eine Angehörige des Vampir-Clans blickt hintersinnig-heiter und Jacob angefressen-trotzig.
Wenn die Story erklärtermaßen dem Entwicklungsgang eines jungen Mädchens zur Frau und Mutter folgt, bleibt festzuhalten, wie wenig nachahmenswert das Thema Mutterschaft der jugendlichen Zielgruppe gemacht wird: für Bella ist die Schwangerschaft eine fortgesetzte Leidensgeschichte, und die Geburt gerät vollends zum blutigen Gemetzel. Zumindest die Maskenbildner haben ganze Arbeit geleistet, denn Kristen Stewart verfällt zusehends und die Entkräftung steht ihr deutlich ins Gesicht geschrieben. Dieser Gesichtsausdruck konnte höchstens von meinem übertroffen werden, nachdem ich mich durch die längsten mir erinnerlichen 2 Filmstunden hindurchgequält hatte.
Mehr als 5 Entkräftungspunkte (von 10 möglichen) gehen sich daher beim besten Willen nicht aus. (Fans sehen das natürlich anders)