Filmkritiken

"Ballon" auf Netflix: Bully Herbig leistet DDR-Fluchthilfe

DDR 1979.  Nach der Jugendweihe des ältesten Sohnes will die Familie Strelzyk mit einem selbstgebauten Heißluftballon über die Grenze nach Westdeutschland fliehen. Nachdem sie mit ihrem Vorhaben scheitern, tun sie alles in ihrer Macht stehende, um ihre Spuren zu verwischen. Ihr Vorhaben, in Berlin einen Kontakt zur amerikanischen Botschaft aufzubauen, klingt zwar vielversprechend, aber läuft dennoch ins Leere. Währenddessen ist die Polizei dicht an ihren Fersen dran, dabei ist es nicht gerade hilfreich, dass der Nachbar der Strelzyks Stasi-Mitarbeiter ist. Es gibt nur noch eine Möglichkeit in die Freiheit: ein neuer Ballon muss gebaut werden.

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Neues Terrain

Obwohl man Michael "Bully" Herbig hauptsächlich aus seichten Komödien wie "Der Schuh des Manitu" oder "(T)Raumschiff Surprise" kennt, versucht sich der deutsche Schauspieler und Regisseur nun im Thriller-Genre. Bei "Ballon" ist er zwar nicht vor der Kamera zu sehen, aber zeichnete sowohl für die Regie als auch die Produktion des 5 Millionen Euro Projektes verantwortlich. Keine Frage: Herbig weiß, wie man Filme macht. In seiner knapp 20-jährigen Karriere als Regisseur hat es der Münchner gelernt, mit verschiedensten stilistischen Mitteln umzugehen und diese effektiv in seine Erzählungen zu verpacken. Ob der "Thriller" für ihn jedoch das passende Genre ist, bleibt fraglich.

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Ermüdend

Schon nach der ersten Szene geht es in "Ballon" ums Ganze. Hektisch werden die Koffer gepackt und die Flucht geplant. Diese Hektik versucht Herbig zwei Stunden lang aufrecht zu erhalten. Die Protagonisten werden im Fünf-Minutentakt mit Hindernissen konfrontiert, die nach 30 Minuten ermüdend und nach einer Stunde lächerlich sind. Der seltsame Stasi-Nachbar scheint bei jedem Auftritt zweideutige Fragen zu stellen, die sich dann doch als ernstgemeinte Witze entpuppen. Bei jeder Verfolgungsjagd machen verschiedenste Transportmittel schlapp, beim ersten und zweiten Mal, mag das vielleicht ja noch spannend sein, doch beim vierten Mal fühlt man sich verarscht.

 

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Guter Cast, schlechte Dialoge

Schauspielerisch gibt es kaum etwas an "Ballon" auszusetzen. Bekannte Gesichter wie Friedrich Mücke als risikobereites Familienoberhaupt oder David Kross als sein fleißiger Helfer, verschmelzen nicht nur optisch mit ihren Charakteren. Die undankbare Figur des nervigen Nachbarn wurde hier leider Ronald Kukulies zuteil, der verständlicherweise an der Aufgabe, sinnlosen Sätzen Sinn zu verleihen, scheitert. Wer sich für einen spannenden aber seichten Film interessiert, der ist bei "Ballon" genau richtig.

6 von 10 Flammenwerfern

Özgür Anil