Filmkritiken

"Auf der Suche nach Oum Kulthum": Frauen-Karriere in der arabischen Welt

Erst vorige Woche ist bei uns eine Dokumentation über Maria Callas ins Kino gekommen, in der sie selbst von ihrem Leben erzählt.  Diese Woche geht es um Oum Kulthum und der Name sagt Kennern sofort, dass es sich hier um eine arabische Callas handelt, die nach wie vor geradezu kultisch verehrt wird (bei ihrem Begräbnis, an dem 1975 unzählige Menschen teilgenommen haben, herrschte regelrechte Staatstrauer).

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Keine Doku

Auch der aktuelle Filmtitel scheint darauf hinzudeuten, dass die iranisch-amerikanische Regisseurin Shirin eine biografische Spurensuche zu Oums Leben unternommen hat. Doch die Filmemacherin will uns keine Dokumentation bieten: Sie hat sich stattdessen entschlossen, den Stoff in Spielfilmform aufzuarbeiten und erzählt einen Film im Film. Ihre Hauptfigur Mitra ist selber Regisseurin und gerade dabei, ein Werk über das Leben der legendären Sängerin zu drehen - zunächst sucht sie eine Darstellerin für die junge Oum und somit klingt der Titel gleich wesentlich doppeldeutiger.

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Karriere oder Familie

Im Zentrum steht die Frage, was es bedeutet, als Frau und Künstlerin in der orientalischen Welt Karriere zu machen.  Eigentlich sind die Unterschiede zwischen der östlichen und westlichen Welt in dieser Hinsicht gar nicht so groß, denn schließlich hat auch Maria Callas in einem Interview eingestanden, dass sie alles für die Karriere getan hat und dabei auf eine eigene Familie verzichten musste, weil sich das eine mit dem anderen nicht vereinbaren lässt. Im vorliegenden Fall dient Kulthums Lebensweg als exemplarisches Beispiel und wird zugleich zur Projektionsfläche für Mitras eigene Ambitionen. Sie hat sich die Verwirklichung ihres Wunschprojekts hart erkämpft und ist entsprechend ehrgeizig, um sich als Regisseurin in einem männerdominierten Berufszweig durchzusetzen.

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Private Probleme

Im Verlauf der Dreharbeiten kommt ihr jedoch immer wieder das Privatleben dazwischen und die Probleme mit ihrem 14jährigen Sohn, den sie als Exilierte im Iran zurücklassen musste, machen ihr zu schaffen. Als das Kind, von dem die Mutter regelmäßige Hassmails erhält, dann spurlos verschwindet, wird sie in eine Krise gestürzt und die Weiterarbeit am Film ist für sie ungewiss. Die Darstellerin der jungen Oum bestärkt sie ebenfalls darin, ihre Stellung als Regisseurin zu überdenken und sie will an dem Prestige-Projekt – sehr zum Leidwesen der Produzenten – wichtige Änderungen vornehmen.

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Traumhafte Bilder

Das ergibt keine geradlinig erzählte Geschichte oder das Nach-Spielen von genau rekonstruierten Lebensstationen Oum Kulthums. Stattdessen legt der Film oft eher einer Traumlogik an den Tag und zeigt uns Mitras Wunschvorstellungen und Phantasien – gleich zu Beginn trifft sie zum Beispiel gleichzeitig auf die alte und sehr jungen Oum und folgt dem Kind buchstäblich in die Vergangenheit. Der österreichische Kameramann Martin Gschlacht arbeitete nach „Women without Men“ erneut mit Shirin Neshat zusammen und es gelingt ihm, diese Seelenzustände in Bildern von hypnotischer und geradezu überirdischer Schönheit einzufangen.

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Text-Bedürfnis

Neshat greift nur ganz selten auf Originalaufnahmen zurück und diese bleiben dann noch dazu ohne Ton - wir bekommen Kulthums richtige Stimme also niemals zu hören, sondern andere Sängerinnen schlüpfen in ihre Rolle. Es wäre aber auf jeden Fall hilfreich gewesen, die Gesangsnummern zu untertiteln. In einer Szene wird sogar eigens auf die Wichtigkeit von Oum Kulthums Liedertexte hingewiesen und wir hätten gerne nachvollziehen können, worüber sie jeweils singt.

8 von 10 unverständlichen Bravournummern

franco schedl