"Anna und die Apokalypse": Zu Weihnachten gegen Zombies singen
Von Erwin Schotzger
Der Zombie-Hype in Kino und Fernsehen dauert gefühlt mindestens schon 20 Jahre. Wir haben alles schon gesehen: klassische Zombies im George A. Romero-Remake "Dawn of the Dead", erschreckend flinke Zombies in "28 Days Later", Nazi-Zombies in "Dead Snow", den Zombie-Weltkrieg in "World War Z", verliebte Zombies in "Warm Bodies", Pilzsporen-Kinderzombies in "The Girl with all the Gifts", Vorstadt-Zombiemütter in "Santa Clarita Diet" und zu Tode langweilige Zombies in "The Walking Dead".
Von diesem Genre sind keine Überraschungen mehr zu erwarten. Soviel schien bis vor kurzem sicher!
Und dann kam "Anna und die Apokalypse", eine Zombie-Weihnachts-Musical-Komödie: "Shaun of the Dead" meets "La La Land". "The Walking Dead" meets "Glee". Ist denn wirklich nichts mehr sicher im Leben?
Noch dazu handelt es sich dabei nicht um ein grottenschlechtes Super-Mega-Trash-B-Movie, sondern um eine sehenswert inszenierte und gelungene Coming-of-Age-Komödie, in der die Zombie-Apokalypse als Metapher für das Ende aller kindlichen Träume herhalten muss. Wer hätte das gedacht?
Wahrer Weihnachtshorror
Es ist Weihnachten und wir starten mit dem Song "Christmas Means Nothing Without You". An der Higschool der schottischen Kleinstadt Little Haven bereiten sich die Schüler und der despotische Schuldirektor Savage (wunderbar durchgeknallt: Paul Kaye) auf die Weihnachtsvorführung am 23. Dezember vor. Die titelgebende Heldin hat aber andere Sorgen. Die selbstbewusste Anna (Ella Hunt) hatte gerade einen Streit mit ihrem Vater, dem Schulwart, weil sie nach ihrem Abschluss einen einjährigen Trip nach Australien plant statt direkt auf die Uni zu gehen. Außerdem nervt sie ihr Ex-Freund Nick (Ben Wiggins), während ihre Freundin Lisa (Marli Siu) gerade voll in den Film-Nerd Chris (Christopher Leveaux) verknallt ist. Ihr bester Freund John (Malcolm Cumming) wäre wohl gerne mehr als nur "bester Freund".
Eine typische Teenager-Problemlage also. Doch schon der Song "No Such Thing as a Hollywood Ending" kann als böses Omen interpretiert werden. Denn am Abend der Weihnachtsvorführung bricht eine Zombie-Epidemie aus.
Am nächsten Morgen ist die Welt eine andere. Nur merkt es Anna nicht. In ihrem Headset läuft Feel-Good-Musik. Ihre Umwelt nimmt sie nicht wirklich wahr. "I'm Miles away and it's a Wonderful Day!", singt sie – und bemerkt die längst angelaufene Zombie-Apokalypse erst als der Song endet. Wer jetzt ständig aufs Handy starrt, ist schnell Zombiefutter.
Kultfilm-Potenzial
Regisseur John McPhail hat es tatsächlich geschafft, ein spannendes Zombie-Musical (genau so hieß auch der Kurzfilm von Drehbuchautor Ryan McHenry, der als Vorlage diente) mit bewegenden und nicht allzu klischeehaften Charakteren zu inszenieren.
Für all jene, die Zombies schön langsam satt haben: Verständlich! Aber einmal geht noch. "Anna und die Apokalypse" hat das Zeug zu einem Kultfilm wie "Zombieland" oder "Shaun of the Dead".
Erwin Schotzger