Filmkritiken

ALTSTARS IM UNTERGRUND

Robert Redford hat die 70 schon längst überschritten, denkt aber nicht ans Aufhören und ist in diesem Polit-Thriller als alter Fuchs immer allen einen Schritt voraus – was aber auch kein Kunststück ist, wenn man zugleich selber Regie führt.

Doch er inszeniert nicht nur sich selbst, sondern hat die beste Gesellschaft gewählt, denn neben ihm agieren z.B. Julie Christie, Susan Sarandon, Nick Nolte, Stanley Tucci und als Jungstar Shia LaBeouf, der in Gestalt des hartnäckigen Lokalreporters Ben Shepard die ganze Affäre erst auslöst. Er deckt nämlich auf, dass der angesehenen Anwalt Jim Grant eigentlich ein ganz anderer ist und seit drei Jahrzehnten unter einer angenommenen Identität lebt. In den frühen 70er Jahren war Grant ein Mitglied der radikalen Weather Underground-Gruppe, noch kürzer „The Weathermen“. Benannt nach der Textzeile „You don't need a weatherman to know which way the wind blows“ aus dem Dylan-Song "Subterranean Homesick Blues", war die Gruppierung im Zuge der Vietnam-Protestbewegung für etliche Bombenattentate auf Regierungsgebäude verantwortlich.

Grant steht jedenfalls seit damals auf der Fahndungsliste des FBI und wird wegen seiner angeblichen Beteiligung an einem Banküberfall mit Todesfolgen gesucht. Nun zieht sich die Schlinge um ihn zusammen, weil der übereifrige Journalist nicht locker lässt. Grant ist gezwungen, erneut unterzutauchen, sucht den Kontakt zu einstigen Mitverschwörern und hangelt sich von einem zum andern weiter, was uns Gelegenheit gibt, zu sehen, ob die früheren Aktivisten ihren Idealen treu geblieben oder auf die Seite des Klassenfeindes übergewechselt sind.

Ansonsten könnte der Film selbst ebenfalls aus einer beschaulicheren Zeit stammen: er kommt ganz ohne Schusswechsel, Kampfszenen oder Autorennen aus – als dramatischer Höhepunkt kann höchstens eine kurze Verfolgungsjagd mit Hundebeteiligung durch ein Waldstück in Michigan gelten. Das wäre alles kein Problem, sobald das Ergebnis genügend andere Spannungsmomente aufzuweisen hätte, doch in diesem Fall versagt die gute alte Filmschule und das Werk dümpelt endlose 122 Minuten lang nur so dahin, bevor sich alles im Handumdrehen in Wohlgefallen mit einem Hauch von Kitsch auflöst, und Redford weiterhin den alleinerziehenden Vater mit leicht angegrauten Geheimratsecken spielen darf.

Der Regisseur hätte sich selbst einen großen Gefallen getan, die Hauptrolle mit jemand anderem zu besetzen, denn Redford wirkt einfach fehl am Platz, wenn er mit streng blond gefärbtem Haar und einer 11jährigen Tochter an seiner Seite den angestrengten Eindruck ewiger Jugend erwecken möchte. Doch gegen den Film spricht nicht nur der rein optische Eindruck. Die Thematik "Mann auf der Flucht" bzw. "Politische Aktivisten, die von Ihrer Vergangenheit eingeholt werden" wurde ja nun wirklich schon hinreichend oft aufbereitet. Das hätte umso mehr einen Anreiz bieten müssen, die Geschichte mit unerwarteten Wendungen auszustatten. Stattdessen erleben wir hier, dass nicht nur Witze manchmal einen Bart haben, sondern eindeutig auch gewisse Filmszenen. Da telefoniert der gejagte Grant von einem Parkplatz ausgiebig mit seiner Tochter und wird umgehend vom FBI lokalisiert, doch als die Einsatzfahrzeuge bereits wenige Meter von ihm entfernt sind, wirft er das Handy auf die Ladefläche eines Wagens und fährt in die andere Richtung davon; um aus einem bewachten Hotel zu entkommen, greift er auch auf Altbewährtes zurück und löst einfach den Feueralarm aus.

Im Grunde wird hier viel Lärm um nichts gemacht und das mit einem gewaltigen Aufwand an erstklassigen Mitwirkenden. Die Freude, in Würde gealterte SchauspielerInnen wiederzusehen, wiegt nicht die Enttäuschung über ein allzu zahmes Katz-und-Maus-Spiel auf, weshalb sich höchstens 6 von 10 möglichen Weatherman-Fan-Plaketten ausgehen.

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