Filmkritiken

Alle Farben des Lebens: „Wieso kann sie nicht einfach lesbisch sein“

Ramona (beziehungsweise Ray) ist ein 16-jähriges Mädchen, das sich selbst als Junge empfindet. Wie zumeist, merkt er bereits in sehr jungen Jahren, dass er eigentlich gar kein Mädchen ist. Mit zunehmendem Alter und der Bürde der Pubertät wächst in ihm der Wunsch, endlich „normal“ zu sein. Mit einer femininen Physis kann er sich nicht identifizieren, weswegen er schon seit längerer Zeit oberflächlich seine Weiblichkeit unterdrückt – er trägt einen Kurzhaarschnitt, weite Kleidung und bindet sich zusätzlich seinen Oberkörper mit Bandagen ab, um alle optischen Indizien des Frauseins zu minimieren. Zusammen mit der inneren Unzufriedenheit wächst die Ungeduld, endlich eine Hormontherapie starten zu können, um den Körper von innen heraus männlicher werden zu lassen und nach dem Schulwechsel im darauffolgenden Jahr endlich auch von Kollegen und Freunden als Mann akzeptiert zu werden.

"Wieso kann sie nicht einfach lesbisch sein"

Obwohl Rays Familie die Tatsache der Transsexualität tolerant anerkennt, stellen sich einige Bedenken ein, als es ernst wird, die Einverständniserklärung zur Hormontherapie zu unterzeichnen. „Wieso kann sie nicht einfach lesbisch sein?“ fragt Rays Oma Dolly, die nach jahrelangem Versteckspiel ihre homosexuelle Beziehung offen auslebt. Auch Rays liberale Mutter Maggie wird immer wieder von Zweifeln eingeholt, wenn es um die hormontherapeutische Behandlung ihres Kindes geht. Einerseits liegt das daran, dass sie dafür nach jahrelanger Funkstille die Unterschrift von Rays Vater einholen muss, aber letzten Endes hat auch sie selbst Bedenken, da sie fürchtet, ihr Kind könnte später die nicht mehr korrigierbare Entscheidung bereuen…

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Eine Frage der Glaubwürdigkeit

Leider ist das Drama rund um die wichtige Thematik sehr konstruiert geworden. Das dargestellte Milieu der liberalen anti-konventionellen Familie lässt die Glaubwürdigkeit des Inhalts auf der Strecke bleiben. Für den Zuseher ist es schwer nachvollziehbar, dass die Entscheidung über die Hormontherapie eines transsexuellen Kindes in einem solch freigeistigen Umfeld überhaupt einen Zwiespalt birgt. Oma Dolly, die selbst lange Zeit so getan hat, als wäre sie etwas, das sie nicht ist, nämlich heterosexuell, wirkt dabei am unglaubwürdigsten. Und auch wenn sich die Zögerlichkeit der Mutter Maggie gar nicht so sehr gegen die Umwandlungswünsche des Kindes richtet, als vielmehr gegen die Verpflichtung, mit dem Vater Kontakt aufzunehmen, kommt es doch irgendwann zu dem Punkt, wo Maggie zaudert, die Papiere zu unterschreiben – wohlgemerkt nach jahrelanger Vorbereitung auf diesen Moment. Als dann das eh schon so konstruierte Drama obendrein noch hysterisch und langweilig kompliziert wurde, haben die ersten Menschen den Kinosaal verlassen.

Inhaltlich kann der Film also leider gar nichts. Da bleibt eigentlich nur mehr Elle Fannings Schauspiel-Performance, die sehr überzeugend ausgefallen ist.

Katrin P. Froestl

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