ABSCHIED EINES BERUFSZYNIKERS VON SEINEM WELTBILD
Von Alexandra Seibel
Gruber hat nur Red Bull und Champagner im Eiskasten und trägt T-Shirts mit der Aufschrift "Cocaine & Caviar".
Beruflich glaubt sich der Porschefahrer immer auf der Siegerspur, auch wenn er verliert ("Ich verliere nie"). Sein Bett ist ein Durchlauferhitzer für One-Night-Stands. Und das Wort "Familie" hält er ausschließlich in betrunkenem Zustand aus. Für ihn spricht eigentlich nur sein guter Musikgeschmack.
Gruber ist ein distanzierter Wiener Schnösel, wie er im Buche steht, und zwar in dem von KURIER-Kolumnistin Doris Knecht. Regisseurin Marie Kreutzer ("Die Vaterlosen") verfilmte Knechts Bestseller "Gruber geht" (ab Freitag im Kino) schnörkellos nah an der Vorlage und fand in Manuel Rubey einen kongenialen Gruber. Rubey hält sich mit seinem prägnant-blasierten Tonfall die Welt vom Leib, vor allem auch die Gefühlsausbrüche seiner Filmschwester Doris Schretzmayer. Wie Eiswasser ergießt sich sein trockener Humor über seine Umgebung und sorgt für stetigen Dialogwitz. Erst die Zufallsbegegnung mit einer Berliner DJane namens Sarah eine verletzliche Bernadette Heerwagen bringt Grubers steinernes Herz zum Schwingen.
Das Aufkeimen der Liebe steht unter keinem guten Stern. Gruber hat Krebs ("Hodgkinsky", wie sein einfältiger Freund das Hodgkin-Lymphom nennt) und braucht Chemotherapie.
Dass er potenziell dem Tod ins Auge blickt, verdeutlicht Kreutzer durch eine geisterhafte Friedhofsansicht, die sich wie ein "Memento mori" in den Bildfluss schiebt. Kreutzer bevorzugt unterkühlte Farben, nicht nur in den Krankenhausszenen: Gruber ist in seiner sterilen Designer-Wohnung genauso unbeheimatet wie in lindgrünen Hotelzimmern und blaugrauen Nachtlokalen. Auch den Anflug von romantischer Liebe erzählt sie in zunehmender Kälte. Nur langsam kann sich Berufszyniker Gruber von seinem Weltbild lösen. Zaghaft schleicht sich Kinderlachen in seinen Alltag, und Kreutzer setzt alles dran, Beziehungskitsch zu vermeiden. Stattdessen bleibt "Gruber geht" atmosphärisch cool wie ein guter Popsong.