Filmkritiken

AB IN DEN URLAUB...

Der letzte Schultag. Etliche schuluniformierte Knaben haben sich in quadratischer Anordnung auf dem Schulhof versammelt, um der letzten Ansprache des Direktors zu lauschen. „Ich wünsche euch schöne Ferien“, unzählige Hände gehen in die Höhe und die unbändige Vorfreude auf die Sommerferien wird durch lautes Jubeln zum Ausdruck gebracht.

Dieses Jahr wird ausnahmsweise mal nicht lange über die Wahl des Urlaubsziels diskutiert und nachdem sich der kleine Nick von seiner engelsgleichen Sandkastenliebe verabschiedet hat, kann es auch schon losgehen.

Nach einer chaotischen Autoreise erreicht die Familie inklusive Großmutter „Mémé“ - welche durch das großzügige Verteilen von Bonbons fast jedem Kind „un bisou“ entlockt - das „ Hotel Beau Rivage“, gleichfalls Hauptort der Handlung und spätestens jetzt ist klar, dass zwei der größten Pluspunkte des Films Szenenbild sowie Kostüm sind. Eine niedliche Pension mit weißer Fassade, knallgelben Fensterrahmen und türkisen Akzenten. Auch das Innenleben der Herberge ist getreu dem Look der 60er Jahre herrlich kitschig und sehr detailreich.

Vor dem „Hotel Beau Rivage“ tummeln sich einige wunderschöne Autos, die aus zeitgenössischer Sicht als klassische Oldtimer betitelt würden und weil das noch immer nicht genug Augenschmaus ist, erwartet den Zuschauer direkt dahinter die Meeresküste mit einer Aneinanderreihung charmanter, blau-weiß gestreifter Strandkabinen. Insgesamt ergeben sich mehrere geniale Bilder, die von der Kamera perfekt inszeniert werden.

Als szenische Untermalung dienen die überaus ulkigen Charaktere, die oftmals stellvertretend für die klischeehaften Eigenschaften der verschiedenen Nationalitäten eintreten.

Der kleine Nick findet schnell Anklang und zählt nach kürzester Zeit als fixer Bestandteil zu einer Gruppe junger Buben. Als bei einem Abendessen mit alten Bekannten der Familie eine unglückliche Tischbemerkung fällt, läuten beim winzigen Protagonisten alle Alarmglocken. Vermeintlicherweise wollen die Eltern den kleinen Nick mit der nicht größeren Isabelle zwangsverheiraten. Eine Horrorvorstellung, zumal Isabelle mit ihren streng gebundenen, dunkelbraunen Flechtzöpfchen und den psychopathischen Augen ein perfekter Verschnitt der „Wednesday Friday Addams“ ist.

Die Handlung kommt ins Rollen, als die Buben-Gang äußerst engagiert versucht, Isabelle und ihre Eltern aus der Ferienanlage zu vertreiben, was ihnen auch gelingt. Nicht lange nach dem Ferien-Boykott, jedoch kurz vor Isabelles frühzeitiger Abreise, bemerkt der kleine Nick, dass diese weniger die Ausgeburt des Bösen, jedoch viel eher ein bezauberndes, liebenswürdiges Mädchen ist. Quel dommage! In letzter Sekunde wird eine hiesige Lapsus-Umkehraktion eingeleitet, die ebenfalls erfolgreich ist. Großes Hin und Her und obwohl einem das Schauspiel keine großartigen Lachanfälle beschert, muss man dennoch häufig schmunzeln.

Eine Durststrecke durchlebt man, als die überzogene Nebenhandlung über die Mutter, die kurz davor ist, eine Hollywood Berühmtheit zu werden, in den Vordergrund rückt. Denn obschon man diesem Nebenstrang eine gewisse Daseinsberechtigung zusprechen kann, ist er zu einem ungünstigen Zeitpunkt des Filmes zu präsent. Der in dieser Filmepisode stark integrierte Darsteller - ein übertrieben theatralischer Erfolgsregisseur – zerrt am Nervenkostüm und etwas überflüssig sind die Blenden auf den Direktor und den Hausmeister, die den Sommer über in Paris verbleiben und sich ohne den schulischen Alltag tödlich langweilen.

Alles in allem ist Laurent Tirard ein recht guter Film gelungen, der in Sachen Szenenbild und Ausstattung fast (!) schon „Wes Anderson’sche“ Dimensionen annimmt und dadurch auch am meisten überzeugt!

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