10 Kultfilme ohne Oscar-Nominierung
Von Erwin Schotzger
Heute gibt die Academy of Motion Picture Arts and Sciences in Los Angeles die diesjährigen Oscar-Nominierungen bekannt. Der Oscar, wie der renommierteste Filmpreis der Welt seit 1939 auch offiziell genannt wird (davor war es ein gängiger Spitzname für die goldene Figur), geht seit dem Jahr 1929 in verschiedenen Haupt- und Nebenkategorien an die besten Kinofilme des Jahres.
Um genau zu sein: Bis zum Jahr 1988 wurde der Oscar mit der offiziellen Phrase "And the winner is …" verliehen. Erst seit der 61. Oscar-Verleihung im Jahr 1989 geht der Oscar mit den Worten "And the Oscar goes to …" an den jeweiligen Preisträger. Schon die Nominierung sei eine Auszeichnung, so die Begründung der Academy of Motion Picture Arts und Sciences.
Doch auch das änderte nichts an der peinlichen Tatsache, dass die folgenden Kultfilme nicht einmal eine einzige Nominierung bekommen haben. Shame on you, liebe Oscar-Jury!
Das sind die Kultfilme, die keine Oscar-Nominierung bekommen haben:
The Big Lebowski (1998)
Das Meisterwerk von Joel und Ethan Coen war im Jahr 1999 offenbar noch zu schräg für die Oscar-Jury. Oder lag es daran, dass die Coen-Brüder für "Fargo" nur zwei Jahre zuvor die Oscars für die beste Hauptdarstellerin und das beste Originaldrehbuch abstaubten? An der starken Konkurrenz kann die Nominierung nicht gescheitert sein: In der Kategorie "Bester Film" wurde "Shakespeare in Love" ausgezeichnet. Neben "Der Soldat James Ryan" und "Das Leben ist schön" waren noch "Der schmale Grat" und "Elizabeth" nominiert. Eliza … wer? Rund um den Film "The Big Lebowski" haben sich Festivals organisiert. Die Philosophie der von Jeff Bridges gespielten Hauptfigur "Dude" steht im Mittelpunkt einer 2005 gegründeten Religion, der "Church of the Latter-Day Dude". Wer braucht da schon eine schnöde Auszeichnung von dieser Welt.
Zwei glorreiche Halunken (1966)
"The Good, the Bad and the Ugly" (so der englische Titel) ist wahrscheinlich der beste Western aller Zeiten, dicht gefolgt von "Spiel mir das Lied vom Tod". Beide Western-Epen von Sergio Leone gingen aber bei den Oscar-Nominierungen vollkommen leer aus. Nicht einmal eine Nominierung in der Kategorie Soundtrack war drinnen? Offenbar war die Oscar-Jury nicht gut auf Sergio Leone zu sprechen. Auch das Mafia-Epos "Es war einmal in Amerika" bekam keine einzige Oscar-Nominierung.
Die Nacht der lebenden Toten (1968)
Das nächste Genre-Meisterwerk ohne eine einzige Oscar-Nominierung. George A. Romero hat mit "Die Nacht der lebenden Toten" 1968 ein Horror-Subgenre geschaffen. Der Film gilt heute als Meilenstein des US-amerikanischen Films, aber die Oscar-Jury hat nicht nur diesen Film, sondern das gesamte Werk von Romero Zeit seines Lebens ignoriert. Erschreckend!
Und täglich grüßt das Murmeltier (1993)
Komödie gilt bei den Oscar-Verleihungen allgemein als schwieriges Genre. Offenbar lacht die Oscar-Jury nicht so gerne. Nein, nur eine infame Unterstellung. Tatsächlich ist eine Komödie immer eine Gratwanderung zwischen billigen Witzen und intelligentem Humor. Aber diese Gratwanderung gelingt bei "Und täglich grüßt das Murmeltier", auch wenn es letztlich eine einfache Liebesgeschichte ist. Zwar war die Chance auf einen Oscar-Sieg bei den 66. Academy Awards im Jahr 1994 nie wirklich existent. Denn die Verleihung war von schwermütigen Dramen wie "Schindler's Liste" und "Das Piano" geprägt. Aber "Groundhog Day" (so der Originaltitel) bekam nicht einmal eine einzige Nominierung, während der Liebeskitsch "Schlaflos in Seattle" gleich zweimal nominiert wurde (Originaldrehbuch und Musik).
Harold und Maude (1971)
Die schwarze Komödie gilt heute als Kultfilm, war aber im Jahr 1971 ein Flop im Kino. Bei den meisten Kritikern löste die zweite Regiearbeit von Hal Ashby eher Verwirrung aus. Heute reiht das American Film Institute "Harold und Maude" auf Platz neun der zehn besten US-amerikanischen Liebesfilme. Aber gut, haken wir das einfach ab unter: Seiner Zeit voraus. Doch der Soundtrack stammt von Cat Stevens, der 1971 auf dem Höhepunkt seiner Karriere war. Zwei Songs, darunter "If You Want to Sing Out, Sing Out", komponierte Stevens speziell für den Film. Man sollte meinen, eine Nominierung in der Kategorie "Bester Original Soundtrack" wäre drinnen gewesen. Die Oscar-Jury hat sich weder visionär noch zeitgeistig gezeigt.
Haben und Nichthaben (1944)
Bei den Dreharbeiten zu "Haben und Nichthaben" auf Basis des gleichnamigen Hemingway-Romans hat sich das Hollywood-Traumpaar Humphrey Bogart und Lauren Bacall kennen und lieben gelernt. Der damals noch verheiratete Bogart verknallte sich sofort in die 19-jährige Schauspieldebütantin. Das Knistern zwischen den beiden hat Howard Hawkes in diesem Film großartig festgehalten. Heute gilt der Film als Klassiker. Dasselbe gilt für "Tote schlafen fest", die spätere Zusammenarbeit von Bogart und Bacall vor der Kamera. Das American Film Institute führt "Haben und Nichthaben" unter den besten 100 US-amerikanischen Liebesfilmen aller Zeiten. Das legendäre Filmzitat von Bacall "„You know how to whistle, don't you, Steve? You just put your lips together and blow“ wird vom selben Institut auf Platz 34 der 100 besten Filmzitate in US-Filmen geführt. Oscar-Nominierung gab es aber keine einzige. Auch "Tote schlafen fest" ging leer aus.
King Kong (1933)
Monster dürften bei der Oscar-Jury nicht gut ankommen. Auch dann nicht, wenn sie Genre-prägend sind wie King Kong oder Frankenstein. Beide Film-Klassiker –Frankenstein (1931) und King Kong (1933) – wurden von der Academy ignoriert. Zugegeben: Damals gab es die Kategorie "Spezialeffekte" noch nicht. Es ist auf eine Petition für die Spezialeffekte-Arbeit von Willis O'Brien bei "King Kong" zurückzuführen, dass im Jahr 1939 erstmals ein Spezialpreis für Spezialeffekte vergeben wurde. Daraus wurde dann die Oscar-Kategorie Spezialeffekte, die später in Visual Effects umbenannt wurde.
Außer Atem (1960)
Das Drehbuch von François Truffaut für "Sie küssten und sie schlugen ihn" wurde zwar im Jahr davor für den Drehbuch-Oscar nominiert. Aber Jean-Luc Godards cooler Nouveau Vague-Gangsterfilm war für die verstaubte Oscar-Jury dann doch zu trendig. Heute gilt der Film aufgrund seiner bahnbrechenden filmischen Mittel an den Filmakademien rund um den Globus als einer der einflussreichsten Filme der Kinogeschichte. Einmal mehr bewies die Oscar-Jury ihre mangelnde Weitsicht. "Außer Atem" wurde nicht einmal in der Kategorie "Fremdsprachiger Film" nominiert.
The Breakfast Club (1985)
Die zweite Regiearbeit von John Hughes, "The Breakfast Club", war mit einem geringen Produktionsbudget von rund einer Million Dollar der Überraschungshit des Jahres 1985. Der Film erlangte in kürzester Zeit eine breite Popularität und ist wahrscheinlich das einflussreichste Highschool-Drama aller Zeiten. Teil des eigens für den Film produzierten Soundtracks war der weltweite Hit "Don't You (Forget About Me)". Im Jahr 2016 wurde der Film sogar in die National Film Registry aufgenommen, was einer Aufwertung des Films zu nationalem Kulturgut der USA gleichkommt. Oscar-Nominierungen: Null bis gar keine.
Heat (1995)
Al Pacino und Robert De Niro in einem dramatischen Heist-Movie als legendäre Gegenspieler unter der Regie von Michael Mann auf dem Höhepunkt seines Schaffens. "Heat" legt gleich mehrere Köder für die Oscar-Jury aus. Vergeblich. Offenbar wurde die Jury in diesem Jahr auf sonderbare Weise von einer kollektiven Verwirrtheit geplagt. Anders kann nicht erklärt werden, dass "Heat" schon bei den Nominierungen leer ausging. Indizien, die für diese These sprechen: Nicolas Cage bekam einen Oscar ("Leaving Las Vegas"), Mel Gibson war der Liebling Hollywoods ("Braveheart").