AFFEN SIND DOCH DIE BESSEREN MENSCHEN

Langsam wurde es aber auch Zeit, dass wir rückwirkend eine Erklärung dafür erhalten, weshalb der raumfahrende Charleton Heston in einem Film von 1968 nach Notlandung seines Schiffs mit einer Erde der Zukunft konfrontiert wurde, auf der Affen das Sagen haben und Menschen nur noch deren Sklaven sind. Irgendwann musste es ja zu einer Umkehrung der vertrauten Entwicklungsschritte gekommen sein - und nun können wir diesen Zeitpunkt endlich genau datieren: es begann im heutigen San Francisco.

Im Pharmakonzern Gen-Sys sucht Wissenschaftler Will Rodman (James Franco) nach einem Mittel gegen die Alzheimer-Krankheit, an der auch sein eigener Vater leidet und impft seine Versuchsaffen in vielen Testreihen damit. Das Projekt wird zwar als Misserfolg eingestuft, aber die nicht einkalkulierten Nebeneffekte lassen sich nicht mehr rückgängig machen und werden schließlich zu einer neuen Weltordnung führen.

Die rückwärtsgewandte Evolution kündigt sich bereits im Titel der neuesten Affen-Geschichte an, bei der es sich eben um ein prevolutionäres Prequel handelt. Daher ist es nur konsequent, wenn der Großteil des Geschehens aus dem Blickwinkel eines superintelligenten Schimpansen erzählt wird. Diesem Primaten mit menschlichen Zügen, der unsere Spezies genau studiert hat, kommt nämlich die besondere Bedeutung eines künftigen Revolutionsführers im Kampf um die Vorherrschaft der Erde zu. Bereits im Mutterleib den Wirkungen des neuen Medikaments ausgesetzt, entwickelt Caesar später ein besonderes Nahverhältnis zu Rodman und landet schließlich in einem Schutzgebiet für Affen, das eher einem Gefängnis mit sadistischen Wärtern gleicht. (Einer dieser unfreundlichen Zeitgenossen tritt übrigens in Gestalt von Tom Felton auf, der sich auch außerhalb des Harry Potter-Universums behaupten kann, wo er als böser Draco Malfoy so gut ankam, dass er einen MTV Movie Award als ‘bester Schurke’ erhielt.)

Ganz in der Tradition des originalen „Planet of the Apes“ möchte auch Regisseur Rupert Wyatt eine spannende Story mit möglichst viel Zivilisationskritik anreichern. Warnungen vor unüberlegten Eingriffen des Menschen in den Ablauf der Natur sind ja nichts Neues, aber selten zuvor wurden sie mit so viel tricktechnischer Raffinesse vorgebracht: beim Auftreten der fotorealistischen Affen bedienten sich die visuellen Effektküstler zum Teil jener Technologien, die erst seit „Avatar“ existieren und Performance Capture-Künstler Andy Serkis verschaffte durch sein nuancenreiches Minenspiel dem Schimpansen Caesar ein intensives Gefühlsleben. Diesem kleinen beweglichen Kerl, der zunehmend vermenschlicht, folgen wir fasziniert durch eine Reihe schöner, grausamer und gefährlicher Begebenheiten, turnen durch die höchsten Baumkronen, finden uns in tristen Käfigen wieder oder inmitten einer schlagkräftigen Affenhorde, die es sogar mit schwerbewaffneten Polizisten aufzunehmen versteht.

Das Schöne an dieser ungewöhnlichen Tiergeschichte, die zweifellos auch Darwin begeistert und verstört hätte: es ist keinerlei Vor- bzw. Nachwissen über weitere äffische Aktivitäten nötig; selbst wer noch keinen einzigen „Planet der Affen“-Film gesehen hat (und daher auch nicht in der Lage ist, Ähnlichkeiten zum vierten Teil „Eroberung vom Planet der Affen“ festzustellen), wird voll in die Geschichte eintauchen können. Dafür sind 9 von 10 vernünftigen Affenlauten gerade viel genug.