The Light on Ria Formosa
Film

The Light on Ria Formosa

A Luz na Ria Formosa P , 2005

The Light on Ria Formosa
Min. 52
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Eine Mutter führt ihren Sohn durch die römischen Ruinen von Milreu an der Algarve. Sie zitiert aus den Briefen des Stoikers Seneca, in denen dieser an seinen jungen Freund Lucilius Lehrsätze der Ethik und des Menschseins richtet. Der wache Geist wird auch in A Luz na Ria Formosa als hohe Tugend gehandelt. Senecas Forderung, der Mensch solle lesen und schreiben können, wird durch eine Erzählstimme aus dem Off zeitkritisch weitergeführt: «Ist es nicht unerträglich, weder schreiben noch lesen zu können, weder zu hören noch zu sehen? Heute mehr noch als vor 2.000 Jahren? Schnell, schnell, bevor es nicht mehr möglich ist.» Der Zuschauer solle also seine Sinne schärfen, und dazu erhält er in A Luz na Ria Formosa reichlich Gelegenheit. João Botelho entwirft die schillernden Wasserlandschaften des Nationalparks Ria Formosa als Stills von strahlender Leuchtkraft. Wie Laugen in irrwitzigen Farben vermengen sich die beweglichen Inselsysteme in den Luftaufnahmen. Die Sicht aller Dinge aber gibt Seneca vor, A Luz na Ria Formosa übt sich streng in den Regeln der Stoa. Leidenschaften sind verpönt, Panoramen der Glückseligkeit ganz offensichtlich gewollt. Die Welt bewegt sich in einem ewigen Kreislauf, aus dem Schwarz der Kleidung der Mutter zoomt sich die Kamera zu Beginn in das Blau des Himmels, um am Ende in die feuerroten Flammen eines Sonnenuntergangs abzutauchen. Dazwischen zieht das am Betrachter vorüber, was als höchste stoische Tugend zugleich zur Bedingung des Films wird: Erst wenn der Wille des Menschen mit jener der Natur zusammenfällt, entsteht Harmonie. Immer wieder wird der Mensch mit dem Wasser in eine symbiotische Beziehung gebracht: Salzfelder werden angelegt, Muscheln aus dem Schlamm gegraben, Schiffe vom Salzwasser korrodiert. Mächtige Baumstrünke werden als römische Ruinen angerufen. Tintenfische winden sich auf Bootsbrettern. Was nach einem esoterischen oder schwelgerischen Projekt - wie gesagt: keine Leidenschaft! - klingen mag, zielt auf die Rekapitulation der Bedingungen von Sehen und Verstehen ab. Strukturell und inhaltlich lotet A Luz na Ria Formosa das Verhältnis von Natur und Mensch aus (wieviel Determinismus, wieviel Freiheit?), ästhetisch wird dieses im goldenen Licht des Nationalparks (und durch die Klänge von Antonin Dvorák) versöhnt. Wie heißt es aus dem Off: «Now I am silent. I am left with the Ria filled with water made of light and sun.» (Gunnar Landsgesell)

(Text: Viennale 2006)

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